Freitag, 2. April 2010
6. Bericht Bahamas, Bermudas und so
Weiter nach Norden geht es, in die „niedrigen Gewässer“. Baha mar nannten die Spanier damals nach der Entdeckung dieses Gebiet. Heute kommen nicht mehr nur Spanier hierher und wir kennen die Inseln südöstlich vor der Küste Floridas als Bahamas, 700 kleinere und größere, keine so groß wie ihre südlichen Nachbarn, die großen Antillen, aber jede von ihnen schmückt sich malerisch mit einem Kranz aus grünem und türkisfarbenem Wasser.Und das lädt förmlich ein zu einem erfrischenden Bad. Also hinein in die Fluten! Und fast genau so schnell wieder heraus, denn die niedrige Temperatur erinnert uns eher an unsere Nordsee als an die Gewässer vor Florida. Wir hatten ja noch die Wärmegrade der Karibik im Sinn!
Die MS Deutschland hat in der Hauptstadt Nassau angelegt. Trotz ihrer 200.000 Einwohner wirkt sie mit echt britischen Understatement wesentlich betulicher als erwartet. Polizisten regeln den spärlichen Autoverkehr mit beinahe theatralisch langsamen Gesten. Ihre weiß uniformierten Kollegen auf den Bürgersteigen bemerken sofort, wenn sich ein Kameraobjektiv auf sie richtet und nehmen mit einem just a moment, please je nach Temperament noch schnell stramme oder lässige Haltung an, immer mit freundlichem Gesichtsausdruck. Man könnte beinahe meinen, dass sie nicht vom Innenministerium bezahlt werden, sondern aus dem Marketingetat des Tourismusbüros.
Dann, gegen Mittag, erwacht das Leben plötzlich. Zwei amerikanische Kreuzfahrschiffe der XXL-Klasse haben neben unserem festgemacht. 5000 - 6000 Amerikaner strömem an Land und erobern sofort den strawmarket sowie die Juwelier- und Bekleidungsshops. Und viele von ihnen scheinen noch nicht zu wissen, dass die Zeiten der Prohibition in den USA längst vorbei sind und decken sich mit preiswertem Rum, Gin und Whisky ein. Wer es sich leisten kann, bleibt über das Wochenende in einem der großen Luxushotels mit ihren Kasinos wie z.B. dem Atlantis, dessen Kopie inzwischen auch in Dubai zu finden ist.
Schon in der Begrüßungsrede zu Beginn dieser Etappe hatte Kapitän Jungblut die Bermuda-Inseln und das Bermuda-Dreieck angesprochen. „Ja“, sagte er, „es gab ungeklärte Schiffs- und Flugzeugunglücke. Das liegt jedoch lange zurück. Die Wind- und Meeresströmungen in diesem Teil des Atlantiks sind tatsächlich kompliziert, aber wir sind heute mit moderner Technik ausgerüstet und brauchen nichts mehr zu fürchten. Spektakuläre Horrorszenen haben sich nur in den Köpfen eines Buchautors und eines Hollywood-Regiesseurs abgespielt.“
Nach 1500 km Fahrt passieren wir die gerade einmal 50 m breite Durchfahrt in den idyllischen Hafen von St. George an der Nordspitze der nördlichsten Bermuda-Insel und lassen sowohl die unruhigen Ströme des Meeres als auch der amerikanischen Touristen mit ihren riesigen Kreuzfahrschiffen hinter uns. Sie passen einfach nicht durch diese schmale Hafeneinfahrt und wir sind deshalb sozusagen „unter uns“. Um so überraschender werden wir allerdings von einem lauten Hallo begrüßt. Die Mannschaft eines Hochseeseglers mit deutscher Flagge am Heck, aus Spiekeroog, ist unterwegs in die Karibik. Hier am Anleger erholt man sich entspannt von den Strapazen der letzten Etappe und freut sich, vertraute Farben zu sehen.
Für normale Busse sind die gut ausgebauten Inselstraßen zu eng, deshalb setzen wir uns für die obligatorische Rundfahrt in eines der bereits wartenden Großraumtaxis. Unser mitteilsamer Fahrer Horatio und seine Kollegen übernehmen diese einträglichen Extratouren gern und wenn Not am Mann ist, springt sogar der Pfarrer einer der vielen Kirchengemeinden ein. Bereits fertig gekleidet, leitet er den sonntäglichen Gottesdienst anschließend.
Neben den vielen Buchten mit ihrem klaren und türkis-hellblauen Wasser sind wir von den Häusern fasziniert. Sie sind überwiegend pastellfarben gestrichen, rosa, orange, hellblau oder hellgrün. Allen gemeinsam ist die ungewöhnliche Form und das strahlende Weiß der Dächer, sie heißen deshalb auch „Bermuda-Dächer“, eine gelungene Kombination aus Schönheit und Zweckmäßigkeit. Die Inseln sind felsig, es gibt kein Grundwasser.und keine Brunnen. Jedes Haus verfügt deshalb über eine Zysterne und die Dächer sind so konstruiert, dass möglichst viel Regenwasser von ihnen aufgefangen und gesammelt wird.
Horatio zeigt uns seine Insel und gibt uns erläuternde Hinweise, beendet immer mit einem „you see!“ „Die weißen Korallenfelsen unter Wasser und der Sonnenschein färben das Wasser so herrlich, you see.“ „Dort drüben am anderen Ufer der Bucht liegen die Häuser der amerikanischen Millionäre. Mit 50 - 60 Millionen Doller können Sie dabei sein, you see“. Unterwegs grüßt er oft durch lässiges Heben seiner rechten Hand vorbei kommende Einheimische. „Ich kenn sie alle hier, you see“. Am Ende der Tour.heißt es dann:„Tank you, Horatio, your explanations were great“. Und dann wechseln einige Dollar den Besitzer, you see.
Auf unserem Fahrplan tauchen als nächstes Ziel die Azoren auf, mitten im Atlantik gelegen und 1500 sm entfernt. Das bedeutet vier Tage auf See, vier Tage ohne Hafen und Landausflug, hoffentlich bei sonnigem Wetter und wenig Wind. Viele der Gäste an Bord haben diese Reise nur deswegen gebucht. Sie befahren diesen Abschnitt nicht zum ersten Mal und möchten ihn genießen. Man kennt sich bereits , trifft sich in den unterschiedlichen Restaurants und Bars oder an Deck, sitzt gemütlich zusammen und erzählt oder spielt Karten.
Diese Ruhe wird jedoch einige Male gestört. Wie bereits in den vergangenen Jahren, nutzt ein vielköpfiges Fernsehteam die Monate Januar bis März für die Produktions einer neuen Folge der „Traumschiff“-Serie“. Die bekannten Hauptdarsteller sind wieder dabei und interessierte Passagieren sind als Komparsen immer gern gesehen. Ist das nicht eine gute Gelegenheit für uns, eine späte Laufbahn als Filmschauspieler zu starten? Wir melden uns bei Kivik, dem umtriebigen Koordinator, und finden uns prompt für eine feierlichen Szene eingeteilt. In einer „Nottrauung“ heiratet Doc Schröder die Filmschwester des Kapitäns. „Schiffsgeistlicher“ ist Harald Schmidt . Von der eifrigen Regieassistentin neben den Shantychor postiert, tragen wir zum Gelingen der festlichen Zeremonie kräftig bei.
Bei diesem Bild müßt Ihr ganz genau hinschauen!!!
Allerdings ist diese Szene schneller erzählt als gedreht und die volle Wahrheit ist:
Bereits morgens um 10:30 Uhr sind 33 Grad, kein Lüftchen weht, keine schattenspendende Unterstände, die vorbereitenden Arbeiten werden von der Regie immer wieder korrigiert, die Proben mit und ohne Hauptdarsteller einige Male wiederholt, die Generalprobe sitzt auf Anhieb, die Originalaufnahme wird wegen mehrerer Versprecher viermal neu begonnen. Um 12:30 Uhr ist die Szene „im Kasten“. Endlich. Denn wir sind buchstäblich zerflossen. Unsere Schauspielerambitionen auch. Das war’s dann also mit unserer Filmkarriere.
Übrigens, ein Produktionstag kostet 80.000 EUR und ergibt netto 4 Filmminuten. Der Sendetermin ist der 25.12.2010, Titel „Panama“.
Abonnieren
Posts (Atom)