So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"

So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"
Seht Ihr "unsere" Kabine? Ich habe sie markiert.

Montag, 12. April 2010

12.04.2010 8. Bericht Azoren, Madeira und Lissabon

( Seit gestern sind wir wieder zuHaus. Diesen Bericht habe mit den Internetmitteln ins Netzt gestellt, die  mir hier zur Verfügung stehen. Ich werde die anderen "posts" nacharbeiten und auch entsprechend Fotos einfügen.)



„Gott gab uns ist ein kleines Land als Wiege und die ganze Welt als Grab“, formulierte ein Portugiese im 16. Jahrhundert mit dem seinen Landsleuten eigenen Hang zur Melancholie. Sein Zeitgenosse Karl V., Spanier, erklärte stolz: „In meinem Reich geht die Sonne niemals unter.“

Wir befinden uns jetzt auf der Rückkehr aus Gebieten, in denen noch bis heute der Einfluss der beiden damaligen Großmächte Portugal und Spanien deutlich zu spüren ist. Aber die Kolonialzeiten sind lange vorbei. Portugal z. B. sind wenige Gebiete geblieben, die Azoren etwa und Madeira. Sie sind heute autonom und liegen auf der Route dieser Reiseetappe der MS DEUTSCHLAND.

Wir Mitteleuropäer freuen uns im Sommer immer, wenn wir im Wetterbericht das Wort „Azoren“ hören, denn von dort ziehen Hochdruckgebiete zu uns, die normalerweise eine stabile Wetterlage mit viel Sonnenschein bringen. Davon merken wir bei unserem Besuch aber gar nichts. Das Hochdruckgebiet ist wohl gerade anderswo unterwegs und so müssen wir uns mit dem zufrieden geben, was übrig geblieben ist: Kälte, Wind, Nebel und Regen.

Von unserer Rundfahrt können wir nur berichten, was vor lauter Nebel nicht zu sehen war: Krater, mit oder ohne Seen (das Wasser eines besonders spektakulären Sees soll zur einen Hälfte blau und zur anderen grün leuchten), miradores, also Aussichtspunkte mit herrlichem Blick auf das Meer, Berghänge bewachsen mit Wäldern und weiten grünen Weideflächen, unterteilt durch „Zäune“ aus blau-weiß blühenden Hortensien und mit darauf weidenden Kühe (mehr als 25.000 soll es allein auf San Miguel geben).

Zu sehen bekommen wir allerdings den „neuen“ Einfluss Europas. Mit EU-Hilfe sind ein modernes Hafenterminal und die dazu passende Uferpromenade (übrigens von den Azoresen gut angenommen), eine Autobahn und weitere gut ausgebaute Strassen entstanden. Kleinbetriebe und Privatpersonen werden unterstützt, damit sie sich eine Existenz aufbauen können. Wir besichtigen eine auf diese Weise geförderte Ananasfarm und wundern uns zunächst, als wir vor den vielen weiß gekalkten Gewächshäusern ankommen, in denen die Pflanzen getrennt nach ihren 16 Wachstumsphasen angebaut werden. Die Erklärung ist einfach, Ananaspflanzen mögen zwar Wärme, aber keine direkte Sonneneinstrahlung. Dann produzieren sie goldgelbe Früchte, wie wir sie gern mögen, mit süßem Fruchtfleisch und wenig Säure.






Apropos Früchte, wie schmecken eigentlich Philodendren? Ja, richtig, die Pflanzen mit den großfächerigen Blättern. Wir sollten das bald erfahren. Während unseres Aufenthalts auf Madeira, in der Hauptstadt Funchal, ist es auch für uns ein „Muss“, den Mercado dos Lavradores, die Markthallen, zu besuchen. Begrüßt werden wir draußen von den leuchtend roten Blüten afrikanischer Tulpenbäume .









Und innen fast erschlagen von der Farbenpracht der dekorativ gestalteten Verkaufsstände, die um den lichtdurchfluteten Innenhof aufgebaut worden sind. Madeira, die Blumeninsel? Alle hier wachsenden Blumen, auf wenigen Quadratmetern konzentriert, sind zu sehen, am häufigsten die nach Prinzessin Charlotte Sophia von Mecklenburg-Strelitz benannte Strelizia. Madeira, die Obst- und Gemüseeinsel? Davon spricht fast niemand. Wohl weil man sich üblicherweise im Hotel oder in Restaurants verpflegt. Dabei ist das Angebot vielfältig, reichlich und bunt. Uns bekannte Früchte aus Europa und uns unbekannte aus Südamerika, ja inzwischen aus der ganzen Welt, werden angebaut: rote, säuerlich schmeckende Tomarillos, grüne, gelbe, orange-farbige und große oder kleine Mangos, kleine, süße Bananen, grüne oder schwarze Avocados, grüne Guaven, weißfleischige Chirimoya, Apfelsinen, Zitronen, Limonen und eben die länglichen, grünen, maiskolbengroßen Philodendronfrüchte. Ihr Geschmack einnert ein wenig an Ananas, ist etwas milder und sehr erfrischend. Bevor wir weiter ziehen, decken wir uns noch mit süßen Datteln und einer mundgerecht zerteilten Mango ein. Ein kleiner Hinweis: die Obsthändler hier verstehen ihren Job und setzen im Umgang mit den Touristen ihren ganzen Charme ein. Also, Achtung: Handeln macht Spaß!













Aber es werden nicht nur Blumen und Früchte angeboten. Wer rechtzeitig kommt, findet reichlich Fisch auf den Markttischen, Thunfisch z.B. und den für Madeira so typischen peixe espada, den Degenfisch.














Wenige Wochen vor unserer Ankunft wurde Madeira von einem Unwetter heimgesucht. Heftige Regenfälle haben Erdrutsche verursacht, dabei sogar einige der traditionellen Terassenfelder zerstört und die Berghänge hinab gerissen. Werden wir davon noch etwas zu sehen und zu spüren bekommen? Nein. Der Druck, keine Einbußen bei seiner Haupteinnahemquelle, dem Tourismus, hinnehmen zu müssen, hat zu riesigen Anstrengungen geführt. Die Stadt zeigt sich bereits wieder wie eh und jeh. Nur der Frühling setzt in diesem Jahr auch hier ein wenig später ein, sonst ist wieder alles bestens gerüstet. D. h. eine Änderung gibt es doch: am östlichen Ende der Promenade sind im Augenblick noch ein Bagger, ein Muldenkipper und eine Planierraupe zu sehen. Das Geröll aus den Bergen wurde einfach ins Meer gekippt. So entsteht dort eine neue Nutzfläche, mindestens 10.000 qm groß. Sie ist fast fertig. Außerdem haben die Taxifahrer und Busunternehmen ein neues Fahrziel im Angebot: „Wir fahren Sie zu den Unwetterstellen, draußen, außerhalb der Stadt, 1 Stunde für 12,- €.“



Der Fahrplan der MS DEUTSCHLAND sieht vor, dass wir auf dem Weg von Lissabon nach Casablanca ein zweites Mal in Funchal Station machen, am 02. April, Karfreitag.

Diesmal erleben wir es wegen des Feiertags nicht so lebendig, geschäftig und umtriebig. Überall hängen fechado-Schilder, die Geschäfte sind geschlossen. Sogar mein Versuch, ins Internet zu gehen, schlägt fehl. In der Touristeninformation sagt man uns, dass gegen Abend, etwa 18:00 Uhr, die alljährliche Karfreitagsprozession stattfinden wird. Das möchten wir uns gern anschauen und finden uns rechtzeitig auf dem Platz vor der alten und ehrwürdigen Sé-Kathedrale ein. Wir sind nicht die Einzigen. Inzwischen haben sich auch die Musikkapelle, Mitglieder der Kirchengemeinde mit hellblauen und violettfarbenen Schulterumhängen und viele Touristen eingefunden. Sogar das örtliche Fernsehen ist vertreten. Aber wir alle müssen noch Geduld aufbringen, denn der vorangehende Gottesdienst endet erst um 19:00.

Dann jedoch geht ein Raunen durch die Menge: ein lange Zug formiert sich, voran Kinder, dann das Kreuz, der Sarg, die Jungfrau Maria und der Bischoff, jeweils getrennt durch Priester oder Laien mit oder ohne Schulterumhänge. Die Kapelle bildet den Schluss und beginnt, eine getragene, ergreifende Melodie mit einfachem Rhythmus zu spielen. So marschieren etwa 500 - 800 Teilnehmende durch ein Spalier von Zuschauern durch die Innenstadt und wieder zurück in die Kathedrale. Wir haben solch eine religiöse Zeremonie zum ersten Mal gesehen und sind sehr beeindruckt.














Nach einer stürmischen Überfahrt heißt uns Lissabon in den Morgenstunden willkommen und zeigt uns am Tejoufer backbord den Torre de Belem mit dem dahinter gelegenen prachtvollen Kloster Mosteiro dos Jerónimos - beides 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt - und das bekannte Seefahrer-Denkmal. Steuerbord, auf der anderen Seite des Tejo, grüßt die Christus-Statue, eine Kopie der berühmten Statue in Rio. Sie ist nicht so gewaltig wie ihr Original, wirkt aber ebenso beeindruckend.

Wir entscheiden uns in Lissabon für eine Fahrt mit der historischen Straßenbahnlinie 28 durch die engen Straßen der Altstadt Alfama hinauf zur Burganlage, dem Castelo de Sao Jorge .( Aber erst, nachdem wir vorher den schönsten Platz Lissabons, den Rossio, besucht und ihn an einer seiner Ecken an einem traditionellen Stand mit einem Glas Ginjinha - das ist ein herkömmlicher Wildkirschenlikör - begrüßt haben.)


















Von dort genießen wir den Ausblick auf die unter uns liegende Stadt mit ihren markanten Gebäuden, Straßen, Plätzen und Parkanlagen, begrenzt vom Tejo mit seinem blauen Wasser, der ihn überspannenden, unübersehbaren Brücke und den weißen Gischtfahnen der Fähren.







Der Abstieg ist malerisch. In den schmalen Gassen hängt die Wäsche zum Trocknen von den Balkons. Viele Häuser sind mit den charakteristischen blau-weißen Kachelbildern, den azulejos, verziert. Auf einem kleinen Platz spielt ein älterer Mann seinen Enkeln auf der portugiesischen Gitarre melodische Volkslieder vor. Als unsere Mägen zu knurren beginnen, betreten wir eines der kleinen, diesem Stadtviertel typischen Lokale und bestellen das Angebot des Tages, lulas, gegrillte Tintenfische. Die Portion ist riesig, der Weißwein des Hauses dazu passt sehr gut und Gott sei Dank ist der anschließende Digestif - ein vom Wirt ausgesuchter aguardente - nach Geschmack und Menge auch echt portugiesisch.