So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"

So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"
Seht Ihr "unsere" Kabine? Ich habe sie markiert.

Donnerstag, 4. Februar 2010

26.02. 2. Bericht Horn von Brasilien



Salvador:

Auf unserer Reise an der Ostküste Brasiliens entlang nach Norden sind wir am Horn Brasiliens angelangt. Zum Glück gibt es hier keine Piraten wie bei seinem Namensvetter in Ostafrika. Und ein Blick auf die Karte bestätigt unsere Vermutung, wir befinden uns im Augenblick näher zur Küste Westafrikas als zur Westgrenze Brasiliens. Überhaupt erinnert noch sehr viel an Afrika, insbesondere in Salvador, bis 1763 Hauptstadt Brasiliens und unsere jetzige Station.



Während der Zeit des Sklavenhandels war Salvador - ehemals Salvador da Bahia genannt - Hauptziel der Schiffe mit Afrikanern an Bord. Man kommt einfach nicht daran vorbei, diesen dunklen Punkt in der Geschichte Süd- und Mittelamerikas zu erwähnen. Der Erinnerung daran begegnet man auf Schritt und Tritt, obwohl Brasilien 1888 den Sklavenhandel verboten hat.

Salvador hat den größten Anteil von Schwarzen an der Bevölkerung Brasiliens. Afrikanischer Mystizismus, afrikanische Riten, afrikanische Religionen, in dieser Region sind sie noch am häufigsten zu finden, haben das Leben am stärksten beeinflusst. Z. B. kleiden sich die Frauen zu bestimmten Feiertagen (und neuerdings auch für die Touristen, um sich so gegen einen kleinen Obulus fotografieren zu lassen) mit herrlich bestickten Kleidern. Die breit ausladend gestalteten Hüften fallen sofort auf. In Afrika wird so von alters her die Fruchtbarkeit ausgedrückt. Dieser Brauch wurde mitgenommen

Der afrikanische Einfluss zeigt sich sogar in der Architektur einiger der zahlreichen und wunderschönen Kathedralen. Kirchen und Klöster. Diese wurden in der Barockzeit oder doch zumindest im Barockstil erbaut. Es sollen 365 sein und es gibt einen Punkt, von dem aus zehn Kirchen mit einer Aufnahme fotografieren werden können.Die meisten Sehenswürdigkeiten befinden sich in der ciudad alta, der Oberstadt. Die UNESCO hat sie zum Weltkulturerbe erklärt und finanziert so die Restaurierung und den Erhalt mit. Es sind jedoch weitere riesige Anstrengungen erforderlich, um alle Bauwerke in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Von außen, denn innen bieten sie auch heute immer noch eine Pracht und goldene Herrlichkeit, die ihresgleichen sucht. Auch wer dem katholischen Glauben nicht sehr nahe steht, wird diese aufwändige Gestaltung der Altäre, Seitenschiffe und Kapellen einfach bewundern müssen. Es sind beeindruckende Kunstwerke.

Auch in Salvador sprühen die Einwohner vor Lebensfreude. Der Karneval wird in den Straßen gefeiert. Er soll der lauteste und ausgelassenste sein. Anders als in Rio ziehen die Menschen durch die Stadt, begleitet und aufgepeitscht von Musikgruppen mit ihren trios electricos, Lautsprecherbatterien auf LKWs. Miterlebt haben wir ihn nicht, denn wir sind erst am Tag nach Aschermittwoch angekommen und können nur noch beobachten, wie Tribünen abgebaut und Straßen gereinigt werden.

Bis zu 50000 Menschen gelangen täglich mit dem charakteristischen Aufzug Elevador Lacerda in den oberen Stadtteil (einfache Fahrt 15 Centavos = 0.06 €). Eine in Serpentinen angelegte Straße, die die 70 m Höhenunterschied auch überwindet, benutzen wegen der Hitze nur Fahrzeuge. Unten erstreckt sich etwa 300 m breit die Ciudad baixa, die Unterstadt, mit dem Hafen, vielen Banken und dem Mercado Modelo, der alten Markthalle. Sie dient jetzt nicht mehr dem Handel mit Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch. Auf zwei Etage in dem alten Gebäude und auf dem Vorplatz haben seit einiger Zeit Händler ihre Stände aufgebaut und versuchen, Schmuck, Hängematten, Puppen, Gewürze, Stickerein, Musikinstrumente und Getränke an die Frau, den Mann und vor allem an den Touristen zu bringen. Eine Rentnerband mit Akkordeon, Schlagzeug, Gitarre, Tamburin und Gesang erspielt sich ein Zubrot. 20 m weiter knattert ab und zu ein Dieselmotor, mit dem eine junge Frau Zuckerrohr auspresst und den Saft anbietet.

Von Oktober bis April ist Regenzeit. Je näher wir dem Äquator kommen, desto feuchter wird es. Wir sind deshalb und weil sich einige dunkle Wolken am Himmel zeigten, mit Regenschirm unterwegs zur Stadtbesichtigung gewesen. Sind wir deshalb trocken geblieben?

Natal:

Er ist wirklich der Größte - amtlich vermessen und auch im Guiness Buch der Weltrekorde registriert. Er ist ungefähr 110 Jahre alt und bedeckt eine Fläche von 8500 qm. Sein Name? Anacardium occidentale oder Nierenbaum. Bei uns wächst er nicht. Es ist ihm wohl zu kalt, denn seine Heimat sind die amerikanischen Tropen. Wohl aber kennen und lieben wir seine Früchte, die Cashew-Nüsse. Unser Weltmeister-Baum steht in der Nähe von Natal und produzierte für die gerade abgeschlossene Ernte 80.000 Nüsse an eben so vielen Cashewäpfeln, alle per Hand geerntet. Wir haben diesen Cashewbaum - hier wird das caju geschrieben - nicht nur von außen gesehen, sondern sind in ihm regelrecht spazieren gegangen. Um seine Ausmaße überblicken zu können, wurde eigens ein Turm errichtet, von dem aus ich auch das Foto gemacht habe.

Fortaleza:

Der Küstestreifen von Natal bis Fortaleza und darüber hinaus ist bekannt für seine langen, breiten Sandstrände. In Rio haben wir es wegen des engen Zeitplans nicht geschafft, die Buchten zu besuchen. Jetzt aber lassen wir uns an den Atlantik fahren. Kilometerlang erstreckt sich feiner, weißer Sand, auf der einen Seite begrenzt vom Wasser, auf der anderen von Hotels und Restaurants.

Auf der Fahrt dorthin übt Maria mit uns im Bus noch schnell portugiesisch: bom dia, por favor, obrigada (wenn Frauen sich bedanke ), obrigado (für die Männer), a conta und cerveja ( sprich: ßerwescha ), die wichtigsten Vokabeln eben.

Und dann geht es los ins brasilianische Strandwochenende: schnell werden die Plätze unter den Sonnenschirmen belegt, um sofort ans Wasser zu laufen, dessen Temperatur gefühlt werden muss. Sie ist etwas niedriger als die Lufttemperatur, geschätze 27 Grad, und verspricht Abkühlung. Also, hinein in die Atlantikwellen, sie sind hier 1 - 2 m hoch. Danach beobachten wir die ankommenden Brasilianer. Sie wollen den arbeitfreien Sonntag genießen.

Und sofort zeigen sich auch Händler, nicht aufdringlich,aber immer präsent.

Sie bieten Getränke an und Eis, Kokosnüsse, Hüte, T-Shirts ,Sonnenbrillen, Pareos, Schmuck, ja sogar camarones, diese wohlschmeckenden Krabben. Das ist nicht anders als in Südeuropa, uns kommt es aber weniger aufdringlich vor.



Ein Händler wird zum großen Glückspilz. Er erscheint mit etwa 50 Bikinis auf seinen linken Arm gezogen und weiteren 50 in einer durchsichtigen Plastiktasche. Zunächst eine, dann vier Damen unserer Gruppe interessieren sich für seine Bikinis. Und jetzt läuft er zu Hochform auf. Ein Oberteil hält er sich zur Demonstration selbst an. Alle werden gleichzeitig beraten,: „Diese Farbe steht Dir am Besten“, „das ist das Topmodell der Saison“, „klar passt das Unterteil“, „probier einfach an“.Man spricht unterschiedliche Sprachen, aber man versteht sich.

Eine Stunde dauert dieses Vergnügen. Dann zieht der Hauptdarsteller - um 5 Bikinis leichter, aber mit gutem Tagesumsatz - naja, abzüglich eines kleinen Mengenrabatts - von dannen. Alle sind zufrieden, der Verkäufer, seine Kundinnen und die Zuschauer auch.

Und ich meine, in seinem Gesicht ein triumphierendes Lächeln zu erkennen. „Die weißen Touristinnen“, heißt das wohl, „haben doch keine Chance gegen mich. Ich bin ein Mann, ein brasilianischer Mann!“

25.02. 1. Amazonasfahrt



Die Reederei hat die Reise, die wir miterleben, in mehrere Etappen eingeteilt, Buenos Aires bis Manaus, Manaus bis Caracas, Caracas-Lissabon, Lissabon-Civitavecchia. Die erste Etappe geht übermorgen zu Ende. deswegen verabschieden sich heute Abend die Künstler.Galerist Lindenberg meint, dass er bisher nur als Stricher in Erscheinung getreten sei und deshalb zum Abschied noch einen zwitschern möchte. Er singt, Pankow natürlich, aber auch eine Premiere, zusammen mit seinem Freund, einem Klavierspieler. Professor Sabine Meyer, Klarinetten-Weltmeisterin, gefällt sich nochmals mit dem Vortrag eines brasilianischen Stücks, zusammen mit ihrem Trio und und wir koennen noch einmal Diane Blais + Annette Linke, bekannt als LE DUO, geniessen ( Dazu morgen mehr!!! ). Olivia Molina verabschiedet sich mit zwei bekannten südamerikanischen Liedern.

Wir sind auf dem Amazonas unterwegs in Richtung Westen nach Manaus, das sind 1100 sm, gut 2000 km also. Er sei nicht der längste, wohl aber der großartigste Fluß der Welt, sagt Alexander v. Humboldt über ihn.Das wollen wir in den nächsten Tagen erfahren. An den Ufern sehen wir flaches Land, meist bewaldet, manchmal Weideland, nicht immer ist darauf Vieh zu sehen. Nur selten musste sich der Amazonas hier durch Hügel oder niedrige Berge fressen, steile rote oder gelbe Abrisskanten zeigen sich dann.

Der Fluss schleppt auf dem Wasser Gras, Zweige, Äste und manchmal auch Bäume mit, im Wasser viele Sedimente. Daher hat es seine Farbe, gelb-ocker im Sonnenschein, dunkel, grau-bis fast braun im Schatten. Trübe ist es immer.

DasWetter meint es gut mit uns, überwiegend riesige weiße Cumulus-Wolken, sonnige Abschnitte, selten Schauer, und wenn, von kurzer Dauer.Die Temperatur liegt um die 30 Grad, Luftfeuchtigkeit 75-80 %. Tropenregen, der uns für mindestens einmal täglich angekündigt worden war, haben wir noch nicht erlebt. Hoffentlich lernen wir ihn nicht kennen, wenn wir gerade im Manaus unterwegs sind. Nachts allerdings sind immer irgendwo am Horizont Wetterleuchten oder ferne Gewitter zu sehen.

23.02. Belem















Was für ein Unterschied zu Belem, schon im Mündungsgebiet des Amazonas gelegen. Reich, sehr reich geworden ist „Bethlehem“ in den Jahren 1870 - 1920. Grund dafür: der Kautschukbaum zusammen mit der Technik, den Saft des „tränenden Baumes“ zu bearbeiten. Das hatten die Europäer bei den Indianern abgeguckt. Das Ende folgte dann jedoch jäh und schnell: ein Engländer hatte Samen des Baumes nach London gebracht.

Nach dem Keimen wurden die Pflanzen in Malaysia angebaut. Damit waren Monopol und Reichtum dahin. Tja- so läuft das manchmal.Heute streiten sich die Leute hier, ob es nicht doch gut war, dass das Abholzen des Regenwaldes für den Anbau der Kautschukbäume gestoppt wurde.

Belem ist herunter gekommen. Sein ehemaliger Reichtum ist nur noch selten zu erkennen.

Die Attraktion, nicht nur für die Touristen, ist der Markt am Hafen, Ser o peso ( Sieh das Gewicht ). Das ist keine Warnung an die Käufer, darauf zu achten, dass man nicht über’s Ohr gehauen wird. Früher wurde die Standmiete nach Gewicht berechnet und ser o peso war eine Aufforderung an die ankommenden Händler, auf die Waage zu achten.

Die beiden ehemaligen Marktgebäude werden nur noch für den Fischhandel benutzt. Der war bereits vorbei,als wir ankamen, sodass wir den angeblichen Gestank nicht mehr mitbekamen und die Geheimtipps (Taschentuch mit Kölnisch Wasser tränken und vor die Nase halten) nicht mehr zu beachten brauchten.Zunächst gingen wir durch den Bereich mit den Obst- und Gemüseständen mit Früchten im Angebot, die wir noch nie gesehen hatten. Aber auch Bekanntes war zu finden, Möhren, Limonen,Tomaten, Rote Bete, Kakaobohnen wurden zum Trocknen auf Zeitungspapier ausgebreitet, Paranüsse in der Schale oder geschält.

Die nächste Abteilung war die lauteste: Lebendvieh, Hühner, Enten, Gänse bis hin zu Kanarienvögeln und weißen Mäusen.

Schließlich erreichten wir den interessantesten Bereich mit der Urwaldmedizin. Hier ist tatsächlich gegen Krankheiten aller Art ein Kraut im Angebot, oder es wird ein Gebräu dagegen gemischt oder von alten, „erfahrenen“ Frauen spontan vor Ort geheilt.

                                                                                                                                                                                                                
                                                                                                                                                                                                                    Jetzt muss ich ein bißchen kleiner schreiben, damit Christine das nicht liest. Ich habe mich hier heimlich mit einer beträchtlichen Menge VIAGRA NATURAL eingedeckt. So günstig komme ich wohl nie wieder an das Zeugs heran. (Hoffentlich übersteh ich das!! Chr.)

              












Diese Zone ist auch für zwielichtige Gestalten ein Paradies. Schon wieder ein Schiff mit ein paar hundert oder tausend naiven Touris im Hafen! Diese Nachricht verbreitet sich in Windeseile. Auch wir hören von kleinen Raubüberfällen, Tasche weg, Uhr, Sonnenbrille oder Fotoapparat gestohlen. Unser Gang durch den Markt war gründlich vorbereitet worden. man hatte einige Bodyguards engagiert, die sich auffällig-unauffällig immer in unserer Nähe zeigten.

21.02. Fortaleza

Gestern und vorgestern waren wir in Natal bzw. Fortaleza. Merkwürdig, dass uns solche Städte präsentiert werden. Vielleicht um die Schönheit und Besonderheit von Rio oder Salvador noch einmal hervor zu heben. Aber die haben das garnicht nötig.

In den an Bord verteilten Vorabinformationen finden sich zwar einige Hinweise auf angebliche Sehenswürdigkeiten, die Prospekte der Touristenbüro weisen auch einige aus.“Vergessen“ werden aber Hinweise auf die Innenstädte. Das fällt aber auch leicht, denn da ist einfach nichts. Obwohl dort 500.000 Menschen leben (Natal) bzw. 2,5 Mio (Fortaleza) und deswegen müssen dann die Dünen in der Umgebung und die Strände herhalten. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen: In der Nähe Natals den Weltmeister-Cajubaum und in Fortaleza das Leben am Strand. Beides beschreibe ich in meinem zweiten Reisebericht.

Ansonsten betrachten wir die Skylines dieser Städte lieber beim Verlassen. Zumal sie so auswechselbar sind, dass nicht zu erkennen ist, welche dort nun am Horizont liegt. Oder überhaupt eine ganz andere.



18.02. Salvador da Bahia

Puh, das ist alles garnicht so einfach!!

Wird sind heut morgen hier in Salvador angekommen und haben das erste Mal Gelegenheit zu einem eigenen Landgang. Ich benutze diese zu dieser Nachricht.

Es gibt Schwierigkeiten mit dem Zugang zum Internet vom Schiff aus. Aber ich arbeite daran. Die fehlenden Eintraege hole ich bestimmt nach. Der 1. Zeitungsbericht ist schon unterwegs. Ich werde ihn bei naechster Gelegenheit auch hier veroeffentlichen. Un die Bilder dazu natuerlich auch.

Wir erleben eine wirklich grossartige Reise. Heute morgen hat es das erste Mal ein wenig geregnet, sonst immer Sonnenschein, schwuele Hitze und grossartige Erlebnisse und Erfahrungen auch an Bord.

Ich sitze hier im Hafenterminal im Internetcafe und moechte nur loswerden, dass es uns gut geht und ich den blog immer aktualisieren werde, wenn der Zugriff vom Schiff geregelt ist.

Jetzt muss ich aufhoeren, in 15 Minuten muss ich an Bord sein, weil anschliessend weiter geht nach Natal.

Herzliche Gruesse

Christine und Juergen.



So, und hierr jetzt mein 1. Bericht:








Aus Bremen im Schneegestöber und bei Minusgraden über München mit Enteisung der Tragflächen kommen wir nach 14-stündigem Flug morgens um 9:30 bei strahlendem Sonnenschein und 30 ° in Buenos Aires an, dem Startpunkt unserer Reise mit der MS „Deutschland“.

Während einer kleinen Rundfahrt bekommen wir erste Eindrücke von der Stadt. Sie führt uns durch breite Straßen und vorbei an großen Parks. Der Verkehr ist nicht sehr stark, der morgentliche Stoßverkehr bereits abgeebbt.

Wir fahren auch am alten Hafen vorbei und werden ein bißchen an die Hamburger Speicherstadt erinnert. Hier wie dort sind die Lagerhallen umgebaut worden in Büros, Wohnungen und Restaurants. In einem dieser Restaurants merken wir, dass der Ruf des argentinischen Rindfleischs und Weins zu Recht besteht.

Apropos Hafen. Heute ebenso wie früher ist der Hafenbetrieb sehr bedeutungsvoll für Buenos Aires. Deshalb nennen sich die 4 Millionen Einwohner auch „Portenos“. Sie leben von und mit ihm, z. B. im Stadtteil La Boca. Dieser präsentiert sich farbenfroh. Warum? Nun, beim Streichen der Schiffe in den Werften fallen immer wieder Farbreste an. Diese wurden dann für das eigene Haus verwendet. Sehr praktisch. Auch das Leben und Treiben war südländisch bunt. Den Tango tanzte man hier in den Kneipen zum ersten Mal. Noch heute erinnern viele Tangoschulen und -lokale daran.

Und wer kennt ihn nicht, La Boca, den größten Fußballverein im fußball-begeisterten Argentinien. Hier ist seine Heimat. In dem Stadion, das mit seiner gelben Fassade unerwartet zwischen den engen Straßen auftaucht, feiern die 60 - 80000 Anhänger ihre Fussballhelden. Allen voran immer noch ihren größten, Maradonna. Sein Abbild grüßt von vielen Wänden.



Natürlich gehen die Einwohner von Buenos Aires den gleichen Berufen nach wie bei uns: sie sind z. B. Handwerker, Hausfrauen, Kaufleute, Ärzte, Lehrer oder Psychiater. Einen Job allerdings gibt es dort, den wir bei uns vergeblich suchen: Hundeausführer.

Was ist das denn? Nun, sich einen Hunde zu halten, gehört traditionell in Argentinien in bestimmten Kreisen zum Lebensbild. Und so ein Hund muss ab und zu Gassi gehen. Wie macht man das jedoch, wenn man keine Zeit oder Lust dazu hat? Nun, man schließt einen Vertrag mit einem Hundeausführer. Der kommt vormittags vorbei, holt den Hund ab und führt ihn aus. Aber nicht nur diesen. Manchmal sind es bis zu 15 Hunde, die da fröhlich und sehr gehorsam ihrem zeitweiligen Herrchen folgen. Diese Hundeausführer sind häufig zu sehen in den Straßen und Parks. „Kann der davon denn leben?“ „Rechnen wir einmal nach,“ schlägt Margareta, unsere Reiseführerin, vor, „pro Hund werden 100 - 150 Pesos monatlich für einen Gang täglich bezahlt, meistens folgt noch ein zweiter am Nachmittag. Auf diese Weise kommen schnell 3000 Pesos zusammen. Nicht schlecht oder? Für hiesige Verhältnisse ein durchschnittliches Monatseinkommen.“



Am nächsten Tag verlasssen wir Buenos Aires in Richtung Montevideo und Rio de Janeiro. Nein, zunächst nicht über den Atlantik, sondern über den Rio de la Plata, den Silberstrom. Aber er wird hier leicht mit dem Ozean verwechselt, denn er ist an dieser Stelle fast 200 km breit- der breiteste Fluss der Erde. Seinen Namen gaben ihm übrigens die Spanier, wohl in erwartungsvoller Vorfreude. Sie hatten dabei ihre Karavellen im Sinn, voll beladenen mit Silber und anderen Preziosen, den Strom hinab inRichtung Spanien segelnd. Daraus wurde aber bekanntlich nichts. Den wahren Reichtum übersahen sie, das fruchtbare, flache Land an seinen Ufern, von den Indios „pampa“ genannt. Gauchos kümmern sich dort um riesige Pferde-, Rinder- und Schafherden, Weizen, Mais und Soja werden angebaut, hier ist das Gebiet der Estanzias mit ihren weiten Ländereien.



Zwei Tage dann wirklich „auf See“ geben uns einen Einblick in den Betrieb eines schwimmenden Hotels mit z.Z. 300 Gästen an Bord: verwöhnt in drei Restaurants und vier Bars sowie unterhalten mit einem abwechslungsreichen Programm von Vorträgen und Veranstaltungen. Doch davon später mehr.



Dann, morgens um 8:00 taucht am Horizont die Silhouette von Rio auf. Wir sind 1100 Seemeilen unterwegs gewesen, knapp 1800 km. Die Sonne am wolkenlosen Himmel läßt das Thermometer auf fast 30 Grad steigen. Der leichte Wind bringt wegen der Schwüle nur wenig Abkühlung für uns Passagiere an der Reling. Und fast alle stehen jetzt dort, denn der Zuckerhut - und seine kleineren Brüder - sowie der Corcovado mit seiner 38 m hohen Christusstatue begrüßen uns. Wir genießen den Anblick dieser atemberaubenden Kulisse.

Dabei können wir uns Zeit lassen. Hier in Rio ist jetzt Karneval und heute Rosenmontag, der vorletzte Tag. Dem müssen auch die Fahrpläne der Passagier- und Handelsschiffe ihren Tribut zollen. Der Lotse, der uns in einen der schönsten Naturhäfen der Erde, in die Guanabara-Bucht, führen soll, ist zu allererst Brasilianer und dann erst Lotse und demonstriert uns südamerikanische Pünktlichkeit. Wir erreichen die Pier mit einstündiger „Verspätung“, um einen Begriff aus dem Bereich europäischer Zeitvorstellungen zu verwenden.



Die Busse für eine halbtägige Stadtrundfahrt warten bereits außerhalb des Hafenterminals. Wir nehmen gern die Gelegenheit wahr, auf diese Weise erste Eindrücke einer uns noch fremden Stadt zu bekommen. Einreiseformalitäten bleiben uns erspart, wir können gleich starten. Die Liste der Sehenswürdigkeiten von Rio de Janeiro ist lang, zu lang für unsere Tour. Die historischen Plätze und Häuser bzw. andere Bauwerke aus der Kolonialzeit, die uns von ihrer Geschichte erzählen könnten, die Kathedralen und Kirchen, Museen, aber auch die modernen Einkaufsstraßen und die vielen herrlichen breiten und weißen Strände bleiben der Entdeckung während eines späteren Besuchs vorbehalten.

Nach dieser Fahrt bleiben uns die vielen exotischen Bäume im Gedächtnis. Sie zeigen uns trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit - hier auf der südlichen Hälfte der Erde neigt sich der Sommer langsam dem Ende zu - ihre Blüten noch in vielfältigen Formen und Farben. Und Werner, unser einheimischer Reiseleiter, berichtet uns stolz, dass Müllabfuhr und Straßenreinigung mindestens zweimal täglich für die auffallende Sauberkeit sorgen.

Das Alles können wir kurz darauf von oben betrachten. Wir fahren mit einer Zahnradbahn - natürlich ein schweizer Fabrikat - 700 m hinauf auf den Corcovado. Ein kleiner Trick unseres Reisführers bewahrt uns davor, stundenlang in der Hitze auf eine der beiden Bahnen mit ihren zwei Waggons warten zu müssen. Zunächst sind wir beindruckt von der Christusstatue, die hoch in den tiefblauen Himmel ragt. Und dann begreifen wir, weshalb diese Stadt auch ciudad maravilhosa - die wunderbare Stadt - genannt wird. Der Anblick von hier oben ist überwältigend. Die Stadt schmiegt sich um die Guanabara-Bucht. Die bewaldeten Hügel geben sich sanft, nur der Zuckerhut mit seiner charakteristischen Form zeigt seinen nackten Granit, links der Strand von Copacabana, rechts der von Ipanema. Beide stahlen uns weiß entgegen mit ihren bunten (Sonnenschirm-)Punkten. Diesen Blick vergisst man nicht.

Abends dann die Attraktion des Tages, Karneval in Rio. Gefeiert wird er in der ganzen Stadt, natürlich. Weltbekannt jedoch ist der Wettstreit der Sambaschulen im Sambodrom. Dieses Sambodrom ist ein von der Stadt eigens für diesen Zweck errichteter Straßenzug von 900 m Länge mit Tribünen für zig-tausende von Zuschauern. Genutzt wird es nur einmal jährlich, ausschließlich für diese Veranstaltung: 40 Sambaschulen mit jeweils 5 000 Beteiligten bewerben sich an diesem Wochenende um den ersten Platz. Dafür präsentieren sie zu lautstarken Sambaklängen ihre phantasievollen Kostüme und Wagen in einer fast unvorstellbaren Vielfalt und Farbenpracht. Für diese Darbietung haben sie jeweils genau 80 Min. Zeit. Wir erleben zwei Sambaschulen, also 10.000 kostümierte Sambatänzer, und verlassen das Sambadron nach vier Stunden mit dröhnenden Ohren. Welch ein Erlebnis - ein absoluter Höhepunkt!

15.02. Rio Rosenmontag

Vielen Dank für Eure Geburtstagsglückwünsche. Danke, danke.

12.02. Montevideo









Heute morgen machen wir in Montevideo fest und steigen nach dem Frühstück zu Margareta in den Bus. Sie wird uns die Stadt zeigen. Sie ist in Uruguay als Tochter ostpreußischer Eltern geboren worden, nachdem diese kurz nach dem Krieg dorthin ausgewandert waren.

Die Enttäuschung über das, was wir dort zunächst sehen, ist groß.Gestern das großzügige, saubere und intakte Buenos Aires, heute Montevideeo. Es macht auf uns einen engen, verwahrlosten, ja herunter gekommenen Eindruck. Der Zeitplan ist sehr eng, sodass wir fast nirgends aussteigen können.

Margareta mit ihrem breiten, ostpreußischen Dialekt - wie ich ihn in Deutschland selten so ausgeprägt gehört habe - und mit ihrer erfrischend direkten Art versöhnt uns jedoch schnell. Kleine Kostprobe? „ Ich habe 30 Jahre im Bett jelejen und habe Kinder jemacht. Das wurde mir dann zu langweilich und ich habe mich aufs Fahrrad jeschwungen und bin quer durch Urugay jefahren. Allein. Durch Uruguay.“ vertraut sie mir in einer kleinen Pause an.Oder kurzer Geschichtsabriss: “Zunächst haben die Urugayer die äußeren Feinde abjewehrt, die Argentinier und Brasilianer und Spanier. Dann haben se sich jejensetig in die Wolle jekricht (sie meint den 6-jährigen Bürgerkrieg ). Aber dann haben se den Kriech an den Nagel jehängt und sich ums Land jekümmert.“

Margareta hat zusammen mit ihrem Mann eine Rinderfarm betrieben, heute macht ihr Mann das allein. Sie wohnt jetzt in einer Stadtwohnung im 9. Stock mit Blick auf den Rio de la Plata, zusammen mit 2 ihrer Töchter und 4 Katzen, und ist Fremdenführerin.

Und sie erzählt, dass Uruguay jetzt einen ehemaligen Tupamaro als Präsidenten hat. Das ist etwa so, als hieße unsere Bundeskanzlerin nicht Merkel sondern Ensslin, nach einer Phase der Läuterung zur Pastorin oder Ärztin. Es gibt heute Wahlpflicht, eine Pflicht mit Sanktionen bei Nichterfüllung. Wer keinen Nachweis erbringen kann, dass er gewählt hat, erhält keine staatliche Unterstützung, u.U. keinen Job. Alle 15 km befindet sich eine Schule, auch auf dem Land. Margaretas Töchter gingen auf unterschiedliche Schulen, „Gott, da haben se mit 15 jede ein Motorrad jekricht und sind damit zur Schule jefahren.“

Oder sie holt eine Thermosflasche aus ihrer Umhängetasche und läßt uns die uruguayische Variante des südamerikanischen Nationalgetränk, den Matetee, probieren, so, wie man es hier macht, mit einem Strohhalm aus einer Art Kalebasse. Mir hat er gut geschmeckt, vielen anderen war er zu bitter.





Die Flaschenbäume heißen Flaschenbäume, weil ihre Stämmen als Wasserreservoir dienen und dann die Form von Flaschen annehmen