So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"

So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"
Seht Ihr "unsere" Kabine? Ich habe sie markiert.

Donnerstag, 4. Februar 2010

26.02. 2. Bericht Horn von Brasilien



Salvador:

Auf unserer Reise an der Ostküste Brasiliens entlang nach Norden sind wir am Horn Brasiliens angelangt. Zum Glück gibt es hier keine Piraten wie bei seinem Namensvetter in Ostafrika. Und ein Blick auf die Karte bestätigt unsere Vermutung, wir befinden uns im Augenblick näher zur Küste Westafrikas als zur Westgrenze Brasiliens. Überhaupt erinnert noch sehr viel an Afrika, insbesondere in Salvador, bis 1763 Hauptstadt Brasiliens und unsere jetzige Station.



Während der Zeit des Sklavenhandels war Salvador - ehemals Salvador da Bahia genannt - Hauptziel der Schiffe mit Afrikanern an Bord. Man kommt einfach nicht daran vorbei, diesen dunklen Punkt in der Geschichte Süd- und Mittelamerikas zu erwähnen. Der Erinnerung daran begegnet man auf Schritt und Tritt, obwohl Brasilien 1888 den Sklavenhandel verboten hat.

Salvador hat den größten Anteil von Schwarzen an der Bevölkerung Brasiliens. Afrikanischer Mystizismus, afrikanische Riten, afrikanische Religionen, in dieser Region sind sie noch am häufigsten zu finden, haben das Leben am stärksten beeinflusst. Z. B. kleiden sich die Frauen zu bestimmten Feiertagen (und neuerdings auch für die Touristen, um sich so gegen einen kleinen Obulus fotografieren zu lassen) mit herrlich bestickten Kleidern. Die breit ausladend gestalteten Hüften fallen sofort auf. In Afrika wird so von alters her die Fruchtbarkeit ausgedrückt. Dieser Brauch wurde mitgenommen

Der afrikanische Einfluss zeigt sich sogar in der Architektur einiger der zahlreichen und wunderschönen Kathedralen. Kirchen und Klöster. Diese wurden in der Barockzeit oder doch zumindest im Barockstil erbaut. Es sollen 365 sein und es gibt einen Punkt, von dem aus zehn Kirchen mit einer Aufnahme fotografieren werden können.Die meisten Sehenswürdigkeiten befinden sich in der ciudad alta, der Oberstadt. Die UNESCO hat sie zum Weltkulturerbe erklärt und finanziert so die Restaurierung und den Erhalt mit. Es sind jedoch weitere riesige Anstrengungen erforderlich, um alle Bauwerke in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Von außen, denn innen bieten sie auch heute immer noch eine Pracht und goldene Herrlichkeit, die ihresgleichen sucht. Auch wer dem katholischen Glauben nicht sehr nahe steht, wird diese aufwändige Gestaltung der Altäre, Seitenschiffe und Kapellen einfach bewundern müssen. Es sind beeindruckende Kunstwerke.

Auch in Salvador sprühen die Einwohner vor Lebensfreude. Der Karneval wird in den Straßen gefeiert. Er soll der lauteste und ausgelassenste sein. Anders als in Rio ziehen die Menschen durch die Stadt, begleitet und aufgepeitscht von Musikgruppen mit ihren trios electricos, Lautsprecherbatterien auf LKWs. Miterlebt haben wir ihn nicht, denn wir sind erst am Tag nach Aschermittwoch angekommen und können nur noch beobachten, wie Tribünen abgebaut und Straßen gereinigt werden.

Bis zu 50000 Menschen gelangen täglich mit dem charakteristischen Aufzug Elevador Lacerda in den oberen Stadtteil (einfache Fahrt 15 Centavos = 0.06 €). Eine in Serpentinen angelegte Straße, die die 70 m Höhenunterschied auch überwindet, benutzen wegen der Hitze nur Fahrzeuge. Unten erstreckt sich etwa 300 m breit die Ciudad baixa, die Unterstadt, mit dem Hafen, vielen Banken und dem Mercado Modelo, der alten Markthalle. Sie dient jetzt nicht mehr dem Handel mit Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch. Auf zwei Etage in dem alten Gebäude und auf dem Vorplatz haben seit einiger Zeit Händler ihre Stände aufgebaut und versuchen, Schmuck, Hängematten, Puppen, Gewürze, Stickerein, Musikinstrumente und Getränke an die Frau, den Mann und vor allem an den Touristen zu bringen. Eine Rentnerband mit Akkordeon, Schlagzeug, Gitarre, Tamburin und Gesang erspielt sich ein Zubrot. 20 m weiter knattert ab und zu ein Dieselmotor, mit dem eine junge Frau Zuckerrohr auspresst und den Saft anbietet.

Von Oktober bis April ist Regenzeit. Je näher wir dem Äquator kommen, desto feuchter wird es. Wir sind deshalb und weil sich einige dunkle Wolken am Himmel zeigten, mit Regenschirm unterwegs zur Stadtbesichtigung gewesen. Sind wir deshalb trocken geblieben?

Natal:

Er ist wirklich der Größte - amtlich vermessen und auch im Guiness Buch der Weltrekorde registriert. Er ist ungefähr 110 Jahre alt und bedeckt eine Fläche von 8500 qm. Sein Name? Anacardium occidentale oder Nierenbaum. Bei uns wächst er nicht. Es ist ihm wohl zu kalt, denn seine Heimat sind die amerikanischen Tropen. Wohl aber kennen und lieben wir seine Früchte, die Cashew-Nüsse. Unser Weltmeister-Baum steht in der Nähe von Natal und produzierte für die gerade abgeschlossene Ernte 80.000 Nüsse an eben so vielen Cashewäpfeln, alle per Hand geerntet. Wir haben diesen Cashewbaum - hier wird das caju geschrieben - nicht nur von außen gesehen, sondern sind in ihm regelrecht spazieren gegangen. Um seine Ausmaße überblicken zu können, wurde eigens ein Turm errichtet, von dem aus ich auch das Foto gemacht habe.

Fortaleza:

Der Küstestreifen von Natal bis Fortaleza und darüber hinaus ist bekannt für seine langen, breiten Sandstrände. In Rio haben wir es wegen des engen Zeitplans nicht geschafft, die Buchten zu besuchen. Jetzt aber lassen wir uns an den Atlantik fahren. Kilometerlang erstreckt sich feiner, weißer Sand, auf der einen Seite begrenzt vom Wasser, auf der anderen von Hotels und Restaurants.

Auf der Fahrt dorthin übt Maria mit uns im Bus noch schnell portugiesisch: bom dia, por favor, obrigada (wenn Frauen sich bedanke ), obrigado (für die Männer), a conta und cerveja ( sprich: ßerwescha ), die wichtigsten Vokabeln eben.

Und dann geht es los ins brasilianische Strandwochenende: schnell werden die Plätze unter den Sonnenschirmen belegt, um sofort ans Wasser zu laufen, dessen Temperatur gefühlt werden muss. Sie ist etwas niedriger als die Lufttemperatur, geschätze 27 Grad, und verspricht Abkühlung. Also, hinein in die Atlantikwellen, sie sind hier 1 - 2 m hoch. Danach beobachten wir die ankommenden Brasilianer. Sie wollen den arbeitfreien Sonntag genießen.

Und sofort zeigen sich auch Händler, nicht aufdringlich,aber immer präsent.

Sie bieten Getränke an und Eis, Kokosnüsse, Hüte, T-Shirts ,Sonnenbrillen, Pareos, Schmuck, ja sogar camarones, diese wohlschmeckenden Krabben. Das ist nicht anders als in Südeuropa, uns kommt es aber weniger aufdringlich vor.



Ein Händler wird zum großen Glückspilz. Er erscheint mit etwa 50 Bikinis auf seinen linken Arm gezogen und weiteren 50 in einer durchsichtigen Plastiktasche. Zunächst eine, dann vier Damen unserer Gruppe interessieren sich für seine Bikinis. Und jetzt läuft er zu Hochform auf. Ein Oberteil hält er sich zur Demonstration selbst an. Alle werden gleichzeitig beraten,: „Diese Farbe steht Dir am Besten“, „das ist das Topmodell der Saison“, „klar passt das Unterteil“, „probier einfach an“.Man spricht unterschiedliche Sprachen, aber man versteht sich.

Eine Stunde dauert dieses Vergnügen. Dann zieht der Hauptdarsteller - um 5 Bikinis leichter, aber mit gutem Tagesumsatz - naja, abzüglich eines kleinen Mengenrabatts - von dannen. Alle sind zufrieden, der Verkäufer, seine Kundinnen und die Zuschauer auch.

Und ich meine, in seinem Gesicht ein triumphierendes Lächeln zu erkennen. „Die weißen Touristinnen“, heißt das wohl, „haben doch keine Chance gegen mich. Ich bin ein Mann, ein brasilianischer Mann!“