Nicht nur geographisch nähern wir uns wieder Europa. Auch die Frage „wie spät ist es jetzt eigentlich zu Hause“ kann immer leichter beantwortet werden, denn nachts werden die Schiffsuhren einige Male um eine Stunde vorgestellt. Nur eine Uhr nicht. Sie hängt im Bereich der Rezeption und zeigt uns sowieso schon immer auf allen Reisen die MEZ.
Nach ihren Fahrten in Pazifik, Antarktis, Südatlantik und Karibik nimmt die MS Deutschland erstmals seit Monaten wieder Kurs auf Europa. 1500 sm (1 sm = 1,852 km) nördlicher Atlantik trennen uns von Faial, der westlichsten der portugiesischen Azoreninseln, 2/3 der Strecke bis zum Festland unseres Heimatkontinents. Das bedeutet normalerweise vier Tage Fahrt auf See. In unserem Fall sollten es sogar fünf werden. Eine Kaltfront mit Windstärken bis zu 8, in Böen sogar bis 9, wurde angekündigt, von Süden direkt auf den kleinen und ungeschützten Hafen von Horta zusteuernd. „Safety first“, erinnerte sich Kapitän Jungblut an eine alte Kreuzfahrerregel und enschied, dort nicht anzulegen.und Faial links liegen zu lassen - nein, backbord natürlich. Statt dessen ging es gleich 500 km weiter zur übernächsten Station Punta Delgada, der Hauptstadt auf der größten und östlichsten Azoreninsel Sao Miguel, bekannt auch als Ilha Verde, die grüne Insel.
Für uns eine willkommene Zeit und Gelegenheit, die erlebnisreichen Wochen noch einmal in Gedanken Revue passieren zu lassen - aus gegebenem (Wetter-) Anlass z.B. in der Außensauna mit Blick auf das von den Schiffsschrauben aufgewühlte weiß-blaue Wasser. Die Sauna gehört zum vielfältigen Angebot an Bord, das allen interessierten Passagieren eine willkommene Abwechslung bietet. Das Aktivitätenprogramm startet bereits am frühen Morgen und wer abends nicht so schnell in sein Kabinenbett findet, kommt auch nicht zu kurz. Gymnastik zum Wachwerden, Yogaübungen zur erholsamen Entspannung, Wassergymnastik für strapazierte Gelenke helfen dem Körper, die tägliche Morgenandacht, der Abendsegen unter dem Sternenhimmel und auf Wunsch individuelle Gespräche mit dem Bordpastor-Ehepaar der Seele.
Musik darf auf keinen Fall fehlen. In der Bar spielt das Deutschland Trio, im Kaisersaal und bei besonderen Anlässen das Bordorchester. Für weitere Abwechslung sorgen die Auftritte wechselnder namhafter Künstler mit Darbietungen von Klassik bis Pop.
Bald ist auch ein Passagierchor gegründet und dessen Leiter freut sich so sehr über die große Beteiligung, dass er spontan für den Auftritt am Galaabend ein Lied komponiert und einstudiert. Musik und Bewegung können auch aktiv kombiniert werden,.bei einem Tanzkurs. Ein Turniertanzpaar begeistert die interessierten Zuschauer mit ihren abendlichen Vorführungen und bietet darüber hinaus Kurse an. Grundschritte von Wiener Walzer, Quickstep, Rumba und Cha-Cha-Cha können gelernt werden. Wer diese bereits beherrscht, übt neue Formationen. Die Neugier auf die als nächste anzulaufenden Häfen und deren Umgebung wird duch informative und kurzweilige Lichtbildervorträge noch gesteigert.
Essen und Trinken halten bekanntlich Leib und Seele zusammen und dafür sorgt an Bord der MS Deutschland meisterlich Sternekoch Erik Brack in seiner blitzenden Edelstahlküche.Zusammen mit über 50 Köchen verwandelt er täglich 1200 kg Obst , 1000 Eier, 300 kg Fisch, 600 kg Fleisch und weiteren Zutaten zu einem Speisenangebot, das einer Grand-Hotel-Küche würdig ist. Jeder Gast kann sich sein mehrgängiges Menü zusammen stellen oder bedient sich an Büffet und Grill. Praktisch rund um die Uhr laden Obst, Häppchen und weitere Kleinigkeiten zum Zugreifen ein und es bedarf schon einer besonderen Strategie und großer Disziplin, um nicht am Ende der Reise von Bord zu rollen. Oder man bedient sich der molekularen Küche, nach der Definition vom Kapitän: „Molekulare Küche ist, wenn Sie etwas auf dem Teller haben und es nicht sehen“.
Zu einem zünftigen Frühschoppen gehören Sonnenschein, Blasmusik, Spanferkel, Leberkäs, Bratwurst, Kartoffelsalat und Laugenbrezel. Und Freibier. Die gute Laune stellt sich dann von selbst ein. Das ist am Dienstag hier an Bord auch nicht anders, morgens um 11:00 geht es los! An diesem Tag jedoch erleben wir eine Überraschung. Drei Vertreter der jungen Garde der deutschen Sterneköche wurden zu dieser Reise eingeladen. Sie lassen erstmals ihr Können aufblitzen und präsentieren zusätzlich eine raffinierte Vorspeise, ein exotisches Reisgericht und eine leckere Süßigkeit als Nachtisch. Das Interesse ist sofort riesengroß.
Gerd Eis aus Wiesbaden, Christian Mittermeier aus Rothenburg ob der Tauber und Peter Scharff aus dem fränkischen Wartenberg-Rohrbach sind zu Gast auf der Deutschland. Sie haben sich auf unterschiedliche Schwerpunkte in ihrem Metier spezialisiert und stellen diese auch im Internet vor. An Bord demonstrieren sie im Kaisersaal ihre Künste den zahlreich erschienen Passagieren ganz offen und ohne Geheimniskrämerei vor laufender Kamera . Im Gegenteil, sie zeigen bereitwillig ihr „Handwerkzeug“, von den teuren eigenen Profi-Messersets bis hin zur handlichen Limonenpresse aus Brasilien, dort ein Pfennigartikel und aus keinem Haushalt wegzudenken.
Teilsweise im individuellen Gespräch oder auch in kleinem Kreis werden die Kniffe und Tipps weiter gegeben, die auch uns Privatköchen das Küchenleben erleichtern. (Das Messer darf beim Zerkleinern das Schneidebrett niemals verlassen, beim Braten oder Grillen kommt es nicht auf die Dauer, sondern auf die erreichte Kerntemperatur an: 62 - 63 Grad für medium bzw. 65 Grad oder mehr für durchgebraten, oder - passend zur demnächst beginnenden Spargelzeit - Hinweise zum Gelingen, Variieren oder „Retten“ einer Holländischen Soße.
Rezepte zum Nachkochen? Kein Thema, gern. Wir haben für Sie eins heraus gesucht, ein Limonenrisotto, etwas für den kulinarischen Frühling und Sommer also.
Rezept folgt gleich noch!
Auch der „Hausherr“ fühlt sich bei aller Freundschaft wohl herausgefordert. Er spornt seine Köche zu Höchstleistungen an und gestaltet das traditionelle mitternächtliche „Küchenbüffet“ besonders beeindruckend und dekorativ. Und so gibt es am Ende nur Gewinner, der Chef-de-Cuisine der Deutschland, seine neuen Freunde , die Sterneköche, und die Feinschmecker unter den Passagieren.
Und hier das Rezept:
Gepfeffertes Limonenrisotto mit geschmolzenem Thunfisch
Rezept für 4 Personen:
Zutaten:
100 g Butter
2 geschälte Schalotten
1 Knoblauchzehe
200 g Risottoreis
100 ml Noilly Prat
40 ml Pernod
etwas feines Meersalz
600 ml Fischfond
Saft und Schalenabrieb von 2 unbehandelten Limonen
1 TL geschroteter bunter Pfeffer
50 ml geschlagene Sahne
250 g frischen Thunfischfilet ca. 2-3 mm dünn in Scheiben aufgeschnitten
etwas Limonenöl von Ursini
1 Limone (Saft zum darüber träufeln)
Zubereitung:
Die geschälten Schalotten in Streifen schneiden und die Knoblauchzehe in feine Würfel schneiden.
Beides mit der Butter in einer flachen Kaserolle glasig andünsten. Nun den Reis zugeben und kräftig ohne Farbe zu nehmen mit anschwitzen.
Den verkleisterten Reis mit den Alkolholika ablöschen und die Flüssigkeit komplett einreduzieren.
Währenddessen den Fischfond erhitzen. Nun den Risottoreis mit heißem Fischfond bedecken und den Reis bei kleiner Hitze unter ständiger Bewegung, bis die Flüssigkeit aufgesogen ist, garen.
Dieses Verfahren solange wiederholen bis der Fischfond komplett aufgebraucht ist.
Zum Schluss die Limonenschale, den geschroteten Pfeffer und die geschlagene Sahne unterarbeiten.
Eventuell das Risotto mit feinem Meersalz vollenden.
Anrichten:
Das fertige Risotto in vorgewärmte tiefe Teller anrichten, die Thunfischeiben direkt auf das heiße Risotto legen und das Gericht mit Meersalz, Limonenöl und Limonensaft fertig stellen.
www.peter-scharff.de