Auf unserer letzten Etappe bringt uns die MS Deutschland nach Cadiz, die älteste Stadt Europas, und Malaga, seit altersher Handels- und Kulturmittelpunkt des westlichen Mittelmeerraums.
Auf der Fahrt dorthin ist noch ein Abstecher nach Casablanca vorgesehen und pünktlich um 7:00 Uhr morgens erwarten uns dort die marokkanischen Festmacher. Zwei Stunden später beeilen wir uns beim Einsteigen in den Bus, denn es hatte angefangen zu regnen. „Keine Sorge“, meint unser Reiseleiter Hassan, „ um 10 Uhr scheint die Sonne wieder“. Er hatte recht und wir erreichen eine Stunde später nach einer kurzen Stadtrundfahrt unser Ziel von der Sonne angestrahlt, die Moschee Hassan II.
Sie ist eine der wenigen Moscheen, die auch von Nicht-Muslimen betreten werden darf und deshalb sind wir sehr neugierig. Schon ihre Ausmaße sind beeindruckend, 20.000 qm beträgt ihre Grundfläche (die weltgrößte Kirche, der Petersdom in Rom misst 15.000 qm) und sie bietet Betplätze für 25.000 Gläubige, auf dem großflächigen Vorplatz (unter dem sich übrigens die Tiefgarage befindet) für weitere 80.000 . Das Minarett ragt 172 m in die Höhe und trägt neben drei goldene Kugeln einen Laserstrahler, dessen grünes Licht abends noch in 30 km Entfernung zu sehen ist. Im Innern faszinieren uns die klaren Strukturen der Gestaltung, die gemusterten Marmorfußböden und -säulen, die für die Frauen errichteten Emporen an den beiden Längsaußenwänden mit ihren Aufgängen und Verkleidungen aus Zedernholz. Vor allem ziehen die Portale mit den charakteristischen Rahmen aus grün-blau-gelben geometrischen Mustern unsere Aufmerksamkeit auf sich. Gedämpftes Licht spenden Kronleuchter aus dem venetianischen Murano. Nach den Kathedralen und Klöstern Lateinamerikas lernen wir mit dieser Moschee eine ganz andere Art religiöser Bauwerke kennen.
Und dann haben wir unterwegs in Casablanca noch diesen Wasserverkäufer gesehen. Er hat zum Glück nicht bemerkt, dass ich ihn fotografiert habe.
Was für eine Nacht folgt nach dem Ablegen! Bis Cadiz ist es ja eigentlich nur ein Katzensprung. Aber Cadiz ist auch die „Geliebte der Winde“. Sie hat zwei „Verehrer“, den Poniente vom Antlantik, also von Westen her mit viel Feuchtigkeit wehend, sowie seinen Rivalen, den Levante, von Osten blasend. Der erwischt uns in dieser Nacht voll. Er kommt weither aus der Sahara und hatte offenbar ausreichend Zeit, Anlauf zu nehmen. Mit 11 Windstärken aus ööööstlicher Richtung, wie Kapitän Jungblut am Morgen berichtet, brachte er das Schiff ordentlich zum Schaukeln. Gläser klirrten, die Blumenvase hielt es nicht mehr senkrecht und uns wurde erzählt, dass auch in den Restaurants Scherben dieses Mal nicht nur Glück gebracht haben. Unser Schlaf hatte Pause, so dass wir ausreichend Gelegenheit hatten, darüber zu sinnieren, wann das Schiff wohl auseinander brechen würde. Einmal in Fahrt, überzog der Levante nachmittags, als die MS Deutschland längst im Hafen lag, die Decks mit einer dünnen Schicht Saharasand, sozusagen als Beweis seiner Herkunft.
Aber zu der Zeit befanden wir uns bereits auf einer Überlandfahrt durch das leicht hügelige und zu diesem Zeitpunkt leuchtend grüne Andalusien. Rinder laufen frei herum. Auf den Feldern ist wenig Betrieb, die Bauern warten bereits auf die Getreideernte, denn die Wachstumsperioden hier sind gegenüber denen in Deutschland nach vorne verschoben. Im Sommer würde die sengende Sonne bereits alles verbrannt haben. Jetzt blühende und süßlich duftende Orangenbäume, riesige alte und neu angelegte Olivenplantagen und Weinfelder für den berühmten Sherry bemerken wir rechts und links der Straße. Die führt uns zu zwei der für Anadalusien charakteristischen „weißen Dörfer“, Medina Sidonia und Arcos de la Frontera. Wie alle anderen auch, sind sie in hergebrachter Weise auf Hügeln errichtet worden, verfügen über Festungsanlagen und mit ihren engen Gassen über einen eigenen Reiz.
Und über Konditoren, die ihr Handwerk meisterlich verstehen.
In kleinen Bäckereien - dieses ist "unsere" - bieten sie ihre verführerischen Süßigkeiten an. Der arabisch Einfluss ist unübersehbar, jede Sorte ist verlockend und die Entscheidung fällt uns schwer, als wir drei davon probieren. Mmh, köstlich.
( Während unserer Überlandfahrt durchqueren wir auch Korkeichwälder. Das ist eigentlich in dieser Region nicht außergewöhnlich. Erwähnenswert sind sie jedoch wegen ihrer "Bewohner". In ihnen laufen Schweine frei herum, Schweine mit charakteristischen schwarzen Beinen. Deswegen heißen sie auch pata negra. Sie ernähren sich von den Eicheln der Korkeichen und produzieren den berühmten und köstlichen Schinken.In einem der kleinen Eckläden in den engen Gassen der Altstadt von Cadiz, dort wo auch die Einheimischen einkaufen, habe ich mir ein paar Scheiben abschneiden lassen, zum Probieren und für € 80,- / kg. Serano, Parma, vergesst es! Nehmt pata negra!!! Es sollte allerdings der klassifizierte sein, gekennzeichnet mit 5 Eicheln, cinco jotas.)
Auch die großen Städte werden von Burganlagen „beschützt“. In Malaga ist es das Castillo de Gibralfaro mit dem sich darunter anschließenden Palast Alcazaba. Von dort genießt man einen herrlichen Blick auf die Kathedrale, über die Stadt und ihre Umgebung sowie auf das tiefblaue Mittelmeer. Der gesamte Bereich einschließlich des Teatro romano im unteren Teil ist nicht so prachtvoll wie die Alhambra in Granada, jedoch einen Besuch allemal wert, denn er spiegelt die wechselvolle Geschichte dieser Region wieder, von der ersten Besiedlung durch, Phönizier, Griechen, Römer und Mauren bis heute.
Nach nur wenigen Schritten erreichen wir die Kathedrale in der Innenstadt, ein Muss für jeden Malaga-Besucher. Bewundert hatten wir sie bereits vom Castillo aus und dabei eine Besonderheit entdeckt: sie besitzt nur einen Turm und heißt deshalb auch La Manquita. die Einarmige Der zweite wurde wegen Geldmangels nie vollendet,.
Die Kathedrale ist ein beispielhaftes Zeugnis christlicher Kultur. Ihr Inneres ist relativ schlicht im spanischen Stil gestaltet. Wir finden wegen der langen Bauzeit Stilelemente unterschiedlicher Epochen wieder und bestaunen bewundernd geschmackvolle bunte und bleiverglaste Fenster und Rosetten, 26 Kapellen und 2 Orgeln mit über 8000 Pfeifen.
Trotzdem wirkt der Innenraum nicht überladen.
Der letzte Aufenthalt vor unserer „Endstation“ Civitavecchia bei Rom ist Korsikas Hauptstadt Ajaccio. Selten haben wir eine Stadt gesehen, in der eine Person so dominiert wie hier. Von fast jedem Platz und fast jeder Ecke grüßt ein Napoleon seine Geburtsstadt.
Den letzten Abend unserer Reise verbringen wir auf dem Achterdeck der MS Deutschland bei einem Bilderbuch-Sonnenuntergang.
Ganz traumschiffmäßig soll nun auch unsere Berichterstattung mit einem Schlußwort enden:Eine lange und abwechslungsreiche Reise liegt hinter uns. Nach unserem Start vor acht Wochen auf der südlichen Halbkugel der Erde sind wir zurück in unserer gewohnten Umgebung, die Sonne wandert wie gewohnt vom Osten über Süden nach Westen und nachts bewacht uns der vertraute Große Bär und nicht mehr das Kreuz des Südens. Wir waren unterwegs zu vielen für uns neue Orte, Landschaften und Länder und haben dort selbst die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit gespürt, die vielen unterschiedlichen Gerüche, neue Geschmäcker und ungewohnte Laute wahrgenommen. Wir haben viele unterschiedliche Menschen kennengelernt und haben uns über abwechslungsreiche und anregende Begegnungen und bisher unbekannte Situationen gefreut.
Einen „Ort“ möchten wir ganz besonders hervor heben, der uns sozusagen ständig begleitet hat: die MS Deutschland. Die Atmosphäre auf dem Schiff, das unterhaltsame und anregende Programm an Bord, die erstklassige Rundum-Versorgung und vor allem die vielen Gespräche mit den Mitreisenden führten dazu, dass wir uns immer wohl gefühlt haben (außer manchmal bei Windstärken größer als 8).
Mit einem herzlichen Dank an alle, die uns diese Erfahrungen ermöglicht haben und einer kleinen Auswahl meiner Lieblingsbilder möchte ich meine Reiseberichterstattung beenden.
Christine & Jürgen