So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"

So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"
Seht Ihr "unsere" Kabine? Ich habe sie markiert.

Mittwoch, 24. März 2010

24.03.2010 5. Bericht Venezuela / Nordkaribik












Erika aus Südamerika

Von Trinidad sind es nur einige Seemeilen bis zum südmerikanischen Kontinent nach Venezuela, in wenigen Stunden während der Nacht geschafft. Morgens nach dem Frühstück startet unser Besuch der Hauptstadt Caracas, etwa eine Stunde Fahrt auf der modernen Autobahn vom Hafen La Guaira entfernt. Im Bus werden wir von der lokalen Reiseleiterin begrüßt mit einem fröhlichen und lauten „Ich bin Erika - aus Südamerika“. Mikrofon? Nein, das braucht sie nicht, ihre Stimme und besonders ihr häufiges Lachen füllen den Bus auch ohne Lautsprecheerunterstützung. Ihr scheint ganz Venezuela zu gehören, mindestens. Und sie verkörpert und lebt den typischen Venezulaner, ein Konglomerat aus Menschen unterschiedlichster Herkunft: Mutter - Deutsche, Vater - Indianer, Mann - Italiener. „Hier leben die schönsten Menschen der Welt. Wer ist wieder einmal Miss Universum? Eine Venezulanerin, siehst Du?“






Venezuela ist ein gebirgiges und unwegsames Land. Deshalb ziehen sich die Ortschaften und Siedlungen an den Straßen entlang. Oft sind die Häuser knallig bunt angestrichen, das wirkt sehr farbenfroh und fröhlich. Hinterher erfahren wir, dass der Staat die Farbe zur Verfügung stellt, streichen müssen die Bewohner selbst. Oft erscheint es uns, als seien die Häuser an die Felsen geklebt.



Diesen Eindruck bekommen wir auch von Caracas. Die 10-Millionen-Hauptstadt liegt in einem Talkessel 900 m über dem Meeresspiegel. Sie wächst ständig und sie wächst gleich zweimal in die Höhe, einmal durch die immer zahlreicher werdenden Hochhäuser und außerdem die Berge hinauf. Kürzlich ist eine Seilbahn eröffnet worden, die wie eine Buslinie mehrere Stadtteile mit dem Zentrum im Tal verbindet, damit ältere Bürger nicht mehr mühsam die Berge hinauf gehen müssen.

Während unserer Stadtrundfahrt halten wir nur an wenigen Orten. die historische Altstadt gehört wegen der hohen Kriminalität nicht dazu. Einer der Stopps gilt dem ehemaligen Wohnsitz des Nationalhelden Simon Bolivar, heute ein Museum mitten in der Stadt, früher eine Hazienda an den Berghängen in Kakao- und Kaffeeplantagen weit außerhalb. Ein anderer Halt gilt einer touristischen Attraktion: eine zweite Seilbahn. Sie bringt uns über 2000 m hinauf auf den Gipfel des Berges Avila. Den Blick hinunter bis ins Tal verwehren uns leider Smog, Wolken und Waldbrandrauch.



Das tägliche Leben will auch in hier gemeistert sein. Man geht es sehr pragmatisch an, oft zu sehr. Wir werden eingehend gewarnt vor der Kriminalität in der Hafenregion und in der Hauptstadt. An den Hauseingängen sind die elektronischen Sicherungsmaßnahmen und auf den Mauern die elektrischen Drähte und Glasscherben zu sehen . Selbst an den Hochhäusern sieht man bis hoch zum letzten Stockwerk vergitterte Fenster. „Es soll vorgekommen sein, dass Babys beim Krabbeln durch die offenen Fenster in den Tod gestürzt sind. Das soll verhindert werden“, lautet die Erklärung. Offiziell.



Auch der Verkehr ist „pragmatisch“, man hilft sich selbst. „Als Auto- oder Busfahrer musst du telepatische Fähigkeiten besitzen“, erklärt Erika, „damit du vorausahnen kannst, wie sich die Anderen im nächsten Moment verhalten werden“. Wir erleben das selbst, als sich in einem Stau ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn eine Gasse bahnt. „Oh, was für den gilt, gilt auch für mich,“ entscheidet unser Busfahrer schnell und schließt sich sofort an.

Der Straßenverkehr ist dicht, viele Motorräder und vor allem ältere amerikanische PKW sind zu sehen. Ist das nicht ein doppelter Widerspruch, Spritschlucker und dann noch von den ärgsten Kapitalisten? Nein, Benzin kostet dank der eigenen großen Erdölvorkommen nur 0,02 - 0,03 €/Liter - weniger als Trinkwasser - und die Versorgung mit Ersatzteilen und deren Einbau ist wesentlich einfacher als für die modernen und komplizierten europäischen bzw. japanischen Fahrzeuge. Der Motor streikt? Da braucht man keinen Adapter fuer den Diagnose-PC, man nimmt einen Schraubenschluessel und schaut selbst nach. So einfach ist das.

Hier in Venezuela spüren wir eine andere Stimmung als in den Ländern, die wir bisher erlebt haben. Liegt es an der stärkeren Präsenz von Militär und Polizei, an den schärferen Kontrollen beim Verlassen und Betreten des Schiffs - Koffer und Handgepäck der neu ankommenden Passagiere werden sogar mit Hunden untersucht - oder an den erwähnten Warnungen? Eine schlüssige Erklärung dafür kann niemand auf Anhieb bieten. Aber die Unterhaltungen unter uns Touristen kommen immer sehr schnell auf die Politik. Leider haben wir wenig Gelegenheiten mit Venezulanern zu diskutieren, nur mit unseren Reiseleitern. Dabei stellen wir unterschiedliche und zum Teil gegensetzliche Meinungen über die derzeitige Regierung fest, pro : höherer Lebensstandard als vor fünf Jahren durch niedrigere Mieten, Stromkosten und höhere Sozialleistungen, verminderte Arbeitslosenquote, contra: Günstlingswirtschaft mit Bereicherung der eigenen Familie, diktatorisches System, erhöhte Arbeitslosigkeit. Wir können das nicht beurteilen und müssen es so hinnehmen .


Aber wir lernen auch ein anderes Venezulana kennen auf der Isla Margarita. Die „Perle“ im karibischen Meer ist dem Festland vorgelagert. Sie bietet wie ihre Antillenschwestern lange, weiße Strände und darüber hinaus ausgedehnte Mangrovenwälder. Während einer Bootsfahrt lernen wir dort die artenreiche Vogelwelt kennen, die wir im Amazonasgebiet vermisst haben.



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In der beginnenden Dunkelheit verlassen wir La Guaira wieder. Die an die Berghänge gebauten Häuser bilden jetzt mit ihrer Beleuchtung eine beeindruckende Kulisse. Unsere Kamera kann dieses Bild nicht einfangen, sie reicht nicht aus dafür und deshalb behalten wir die Stimmung im Gedächtnis. Sicherlich sehr lange.

„Kurs Nord, Richtung Dominikanische Republik“, hatte Kapitän Jungblut seinen Steuermann angewiesen. Der steht nicht mehr am großen Steuerrad, sondern programmiert seinen Autopiloten und kontrolliert anschließend nur noch, dass Wind und Meeresströmung das Schiff nicht vom Kurs abbringen.

Wie ehedem Cristobal Colon erreichen auch wir die zweitgrößte karibische Insel an einem Sonntag, allerdings nach weniger strapaziöser Fahrt. Er hatte als Entdecker das Recht der Namensgebung und nannte die Insel zu Ehren seines Auftraggebers Hispaniola, Klein-Spanien. Am Ort der Landung gründete er eine Siedlung und gab ihr den Namen Santo Domingo, denn es war gerade Sonntag. Das war 1492.

Nach Verlassen des Schiffes an dieser ersten nordkaribischen Station erleben wir einen Schnellkurs in spanischer Eroberungsgeschichte. Nach dem polizeilich abgesicherten Überqueren der Uferstraße leitet uns Claudio, der einheimische Führer, durch ein Tor der noch sehr gut erhaltenen Stadtmauer über eine Treppe zum ersten Museum. Es ist Christoph Kolumbus und seinem Sohn Diego gewidmet. Davor liegt ein großer, schön gestalteter Platz. An dessen linker Seite führt uns „die erste Straße Amerikas“ in die höher gelegene Altstadt. Eine schmale Fußgängerzone mündet in den für spanisch geprägte Länder so typischen placa mayor, begrenzt von Kathedrale und Regierungssitz. Den Schatten der auf ihm stehenden alten, weit ausladenden Bäume nutzen die Menschen jetzt in der Mittagspause für ihre siesta.



Für den Abend hatte uns Claudio eine Innenstadt mit viel Musik angekündigt. Enttäuscht mussten wir jedoch feststellen, dass uns Santo Domingo dann doch nicht mit fröhlicher Musik verabschiedete. Um so größer war die Überraschung bei der Ankunft in Jamaika, in Port Antonio im Norden der Insel. Die Seebrücke ragte nur wenige Meter in die Hafenbucht und die MS Deutschland machte etwa 10 m von einem gepflegten, weißen Strand fest, wie in einem Werbeprospekt mit Palmen und türkisfarbenem Wasser. Dazu begrüßten uns die Klänge einer kleiner Steelband. Einfach traumhaft. Später, kurz vor dem Ablegen erfrischte sich auch unser Kapitän noch schnell mit einem Bad direkt im Schatten seines Schiffs. Es sah fast so aus, als wäre er vor dem Ablegen noch einmal schnell um sein Schiff geschwommen, um persönlich zu kontrollieren, ob alles in Ordnung ist.


Nach den Buchten und Stränden auf den anderen Inseln interessieren uns auf Jamaika der Urwald und die mit über 2000 m höchsten Berge der Karibik, die im Osten gelegenen Blue Mountains. Für eine Wanderung müssen wir zunächst den Rio Grande überqueren, wobei Grande sich auf die hiesigen Verhältnisse bezieht. Dr Fluß ist 60 km lang.





Bambusflöße bringen uns an das andere Ufer. Früher transportierten sie Bananen, heute Touristen. Unterwegs bieten uns die Führer immer wieder heimische Früchte an, die sie direkt von den Bäumen und Büschen pflücken, z. B. Bananen und Guaven, Jamaikaäpfel, die zwar so aussehen wie unsere Äpfel, aber eine völlig andere Konsistenz haben. Kokosnüsse werden für uns mit der Machete geöffnet, damit wir mit ihrem Saft „unsere Herzen waschen können“, wie hier gesagt wird. Alles wird von unserem Gaumen gern akzeptiert. Die Blätter des „tree of life“ haben allerdings ihre Chance verpasst, unsere Lieblingsspeise zu werden. Mögen sie auch noch so gesund sein, sie schmecken einfach zu bitter.