So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"

So also sieht sie aus, die MS "DEUTSCHLAND"
Seht Ihr "unsere" Kabine? Ich habe sie markiert.

Freitag, 9. April 2010

09.04.2010 7. Bericht Auf See

Nicht nur geographisch nähern wir uns wieder Europa. Auch die Frage „wie spät ist es jetzt eigentlich zu Hause“ kann immer leichter beantwortet werden, denn nachts werden die Schiffsuhren einige Male um eine Stunde vorgestellt. Nur eine Uhr nicht. Sie hängt im Bereich der Rezeption und zeigt uns sowieso schon immer auf allen Reisen die MEZ.




Nach ihren Fahrten in Pazifik, Antarktis, Südatlantik und Karibik nimmt die MS Deutschland erstmals seit Monaten wieder Kurs auf Europa. 1500 sm (1 sm = 1,852 km) nördlicher Atlantik trennen uns von Faial, der westlichsten der portugiesischen Azoreninseln, 2/3 der Strecke bis zum Festland unseres Heimatkontinents. Das bedeutet normalerweise vier Tage Fahrt auf See. In unserem Fall sollten es sogar fünf werden. Eine Kaltfront mit Windstärken bis zu 8, in Böen sogar bis 9, wurde angekündigt, von Süden direkt auf den kleinen und ungeschützten Hafen von Horta zusteuernd. „Safety first“, erinnerte sich Kapitän Jungblut an eine alte Kreuzfahrerregel und enschied, dort nicht anzulegen.und Faial links liegen zu lassen - nein, backbord natürlich. Statt dessen ging es gleich 500 km weiter zur übernächsten Station Punta Delgada, der Hauptstadt auf der größten und östlichsten Azoreninsel Sao Miguel, bekannt auch als Ilha Verde, die grüne Insel.







Für uns eine willkommene Zeit und Gelegenheit, die erlebnisreichen Wochen noch einmal in Gedanken Revue passieren zu lassen - aus gegebenem (Wetter-) Anlass z.B. in der Außensauna mit Blick auf das von den Schiffsschrauben aufgewühlte weiß-blaue Wasser. Die Sauna gehört zum vielfältigen Angebot an Bord, das allen interessierten Passagieren eine willkommene Abwechslung bietet. Das Aktivitätenprogramm startet bereits am frühen Morgen und wer abends nicht so schnell in sein Kabinenbett findet, kommt auch nicht zu kurz. Gymnastik zum Wachwerden, Yogaübungen zur erholsamen Entspannung, Wassergymnastik für strapazierte Gelenke helfen dem Körper, die tägliche Morgenandacht, der Abendsegen unter dem Sternenhimmel und auf Wunsch individuelle Gespräche mit dem Bordpastor-Ehepaar der Seele.




Musik darf auf keinen Fall fehlen. In der Bar spielt das Deutschland Trio, im Kaisersaal und bei besonderen Anlässen das Bordorchester. Für weitere Abwechslung sorgen die Auftritte wechselnder namhafter Künstler mit Darbietungen von Klassik bis Pop.







Bald ist auch ein Passagierchor gegründet und dessen Leiter freut sich so sehr über die große Beteiligung, dass er spontan für den Auftritt am Galaabend ein Lied komponiert und einstudiert. Musik und Bewegung können auch aktiv kombiniert werden,.bei einem Tanzkurs. Ein Turniertanzpaar begeistert die interessierten Zuschauer mit ihren abendlichen Vorführungen und bietet darüber hinaus Kurse an. Grundschritte von Wiener Walzer, Quickstep, Rumba und Cha-Cha-Cha können gelernt werden. Wer diese bereits beherrscht, übt neue Formationen. Die Neugier auf die als nächste anzulaufenden Häfen und deren Umgebung wird duch informative und kurzweilige Lichtbildervorträge noch gesteigert.









Essen und Trinken halten bekanntlich Leib und Seele zusammen und dafür sorgt an Bord der MS Deutschland meisterlich Sternekoch Erik Brack in seiner blitzenden Edelstahlküche.Zusammen mit über 50 Köchen verwandelt er täglich 1200 kg Obst , 1000 Eier, 300 kg Fisch, 600 kg Fleisch und weiteren Zutaten zu einem Speisenangebot, das einer Grand-Hotel-Küche würdig ist. Jeder Gast kann sich sein mehrgängiges Menü zusammen stellen oder bedient sich an Büffet und Grill. Praktisch rund um die Uhr laden Obst, Häppchen und weitere Kleinigkeiten zum Zugreifen ein und es bedarf schon einer besonderen Strategie und großer Disziplin, um nicht am Ende der Reise von Bord zu rollen. Oder man bedient sich der molekularen Küche, nach der Definition vom Kapitän: „Molekulare Küche ist, wenn Sie etwas auf dem Teller haben und es nicht sehen“.







Zu einem zünftigen Frühschoppen gehören Sonnenschein, Blasmusik, Spanferkel, Leberkäs, Bratwurst, Kartoffelsalat und Laugenbrezel. Und Freibier. Die gute Laune stellt sich dann von selbst ein. Das ist am Dienstag hier an Bord auch nicht anders, morgens um 11:00 geht es los! An diesem Tag jedoch erleben wir eine Überraschung. Drei Vertreter der jungen Garde der deutschen Sterneköche wurden zu dieser Reise eingeladen. Sie lassen erstmals ihr Können aufblitzen und präsentieren zusätzlich eine raffinierte Vorspeise, ein exotisches Reisgericht und eine leckere Süßigkeit als Nachtisch. Das Interesse ist sofort riesengroß.









Gerd Eis aus Wiesbaden, Christian Mittermeier aus Rothenburg ob der Tauber und Peter Scharff aus dem fränkischen Wartenberg-Rohrbach sind zu Gast auf der Deutschland. Sie haben sich auf unterschiedliche Schwerpunkte in ihrem Metier spezialisiert und stellen diese auch im Internet vor. An Bord demonstrieren sie im Kaisersaal ihre Künste den zahlreich erschienen Passagieren ganz offen und ohne Geheimniskrämerei vor laufender Kamera . Im Gegenteil, sie zeigen bereitwillig ihr „Handwerkzeug“, von den teuren eigenen Profi-Messersets bis hin zur handlichen Limonenpresse aus Brasilien, dort ein Pfennigartikel und aus keinem Haushalt wegzudenken.









Teilsweise im individuellen Gespräch oder auch in kleinem Kreis werden die Kniffe und Tipps weiter gegeben, die auch uns Privatköchen das Küchenleben erleichtern. (Das Messer darf beim Zerkleinern das Schneidebrett niemals verlassen, beim Braten oder Grillen kommt es nicht auf die Dauer, sondern auf die erreichte Kerntemperatur an: 62 - 63 Grad für medium bzw. 65 Grad oder mehr für durchgebraten, oder - passend zur demnächst beginnenden Spargelzeit - Hinweise zum Gelingen, Variieren oder „Retten“ einer Holländischen Soße.




Rezepte zum Nachkochen? Kein Thema, gern. Wir haben für Sie eins heraus gesucht, ein Limonenrisotto, etwas für den kulinarischen Frühling und Sommer also.




Rezept folgt gleich noch!




Auch der „Hausherr“ fühlt sich bei aller Freundschaft wohl herausgefordert. Er spornt seine Köche zu Höchstleistungen an und gestaltet das traditionelle mitternächtliche „Küchenbüffet“ besonders beeindruckend und dekorativ. Und so gibt es am Ende nur Gewinner, der Chef-de-Cuisine der Deutschland, seine neuen Freunde , die Sterneköche, und die Feinschmecker unter den Passagieren.









Und hier das Rezept:







Gepfeffertes Limonenrisotto mit geschmolzenem Thunfisch

Rezept für 4 Personen:




Zutaten:




100 g Butter

2 geschälte Schalotten

1 Knoblauchzehe

200 g Risottoreis

100 ml Noilly Prat

40 ml Pernod

etwas feines Meersalz

600 ml Fischfond

Saft und Schalenabrieb von 2 unbehandelten Limonen

1 TL geschroteter bunter Pfeffer

50 ml geschlagene Sahne

250 g frischen Thunfischfilet ca. 2-3 mm dünn in Scheiben aufgeschnitten

etwas Limonenöl von Ursini

1 Limone (Saft zum darüber träufeln)




Zubereitung:




Die geschälten Schalotten in Streifen schneiden und die Knoblauchzehe in feine Würfel schneiden.

Beides mit der Butter in einer flachen Kaserolle glasig andünsten. Nun den Reis zugeben und kräftig ohne Farbe zu nehmen mit anschwitzen.




Den verkleisterten Reis mit den Alkolholika ablöschen und die Flüssigkeit komplett einreduzieren.

Währenddessen den Fischfond erhitzen. Nun den Risottoreis mit heißem Fischfond bedecken und den Reis bei kleiner Hitze unter ständiger Bewegung, bis die Flüssigkeit aufgesogen ist, garen.

Dieses Verfahren solange wiederholen bis der Fischfond komplett aufgebraucht ist.




Zum Schluss die Limonenschale, den geschroteten Pfeffer und die geschlagene Sahne unterarbeiten.

Eventuell das Risotto mit feinem Meersalz vollenden.




Anrichten:




Das fertige Risotto in vorgewärmte tiefe Teller anrichten, die Thunfischeiben direkt auf das heiße Risotto legen und das Gericht mit Meersalz, Limonenöl und Limonensaft fertig stellen.

www.peter-scharff.de

Freitag, 2. April 2010

6. Bericht Bahamas, Bermudas und so












Weiter nach Norden geht es, in die „niedrigen Gewässer“. Baha mar nannten die Spanier damals nach der Entdeckung dieses Gebiet. Heute kommen nicht mehr nur Spanier hierher und wir kennen die Inseln südöstlich vor der Küste Floridas als Bahamas, 700 kleinere und größere, keine so groß wie ihre südlichen Nachbarn, die großen Antillen, aber jede von ihnen schmückt sich malerisch mit einem Kranz aus grünem und türkisfarbenem Wasser.Und das lädt förmlich ein zu einem erfrischenden Bad. Also hinein in die Fluten! Und fast genau so schnell wieder heraus, denn die niedrige Temperatur erinnert uns eher an unsere Nordsee als an die Gewässer vor Florida. Wir hatten ja noch die Wärmegrade der Karibik im Sinn!



Die MS Deutschland hat in der Hauptstadt Nassau angelegt. Trotz ihrer 200.000 Einwohner wirkt sie mit echt britischen Understatement wesentlich betulicher als erwartet. Polizisten regeln den spärlichen Autoverkehr mit beinahe theatralisch langsamen Gesten. Ihre weiß uniformierten Kollegen auf den Bürgersteigen bemerken sofort, wenn sich ein Kameraobjektiv auf sie richtet und nehmen mit einem just a moment, please je nach Temperament noch schnell stramme oder lässige Haltung an, immer mit freundlichem Gesichtsausdruck. Man könnte beinahe meinen, dass sie nicht vom Innenministerium bezahlt werden, sondern aus dem Marketingetat des Tourismusbüros.





Dann, gegen Mittag, erwacht das Leben plötzlich. Zwei amerikanische Kreuzfahrschiffe der XXL-Klasse haben neben unserem festgemacht. 5000 - 6000 Amerikaner strömem an Land und erobern sofort den strawmarket sowie die Juwelier- und Bekleidungsshops. Und viele von ihnen scheinen noch nicht zu wissen, dass die Zeiten der Prohibition in den USA längst vorbei sind und decken sich mit preiswertem Rum, Gin und Whisky ein. Wer es sich leisten kann, bleibt über das Wochenende in einem der großen Luxushotels mit ihren Kasinos wie z.B. dem Atlantis, dessen Kopie inzwischen auch in Dubai zu finden ist.



Schon in der Begrüßungsrede zu Beginn dieser Etappe hatte Kapitän Jungblut die Bermuda-Inseln und das Bermuda-Dreieck angesprochen. „Ja“, sagte er, „es gab ungeklärte Schiffs- und Flugzeugunglücke. Das liegt jedoch lange zurück. Die Wind- und Meeresströmungen in diesem Teil des Atlantiks sind tatsächlich kompliziert, aber wir sind heute mit moderner Technik ausgerüstet und brauchen nichts mehr zu fürchten. Spektakuläre Horrorszenen haben sich nur in den Köpfen eines Buchautors und eines Hollywood-Regiesseurs abgespielt.“

Nach 1500 km Fahrt passieren wir die gerade einmal 50 m breite Durchfahrt in den idyllischen Hafen von St. George an der Nordspitze der nördlichsten Bermuda-Insel und lassen sowohl die unruhigen Ströme des Meeres als auch der amerikanischen Touristen mit ihren riesigen Kreuzfahrschiffen hinter uns. Sie passen einfach nicht durch diese schmale Hafeneinfahrt und wir sind deshalb sozusagen „unter uns“. Um so überraschender werden wir allerdings von einem lauten Hallo begrüßt. Die Mannschaft eines Hochseeseglers mit deutscher Flagge am Heck, aus Spiekeroog, ist unterwegs in die Karibik. Hier am Anleger erholt man sich entspannt von den Strapazen der letzten Etappe und freut sich, vertraute Farben zu sehen.

Für normale Busse sind die gut ausgebauten Inselstraßen zu eng, deshalb setzen wir uns für die obligatorische Rundfahrt in eines der bereits wartenden Großraumtaxis. Unser mitteilsamer Fahrer Horatio und seine Kollegen übernehmen diese einträglichen Extratouren gern und wenn Not am Mann ist, springt sogar der Pfarrer einer der vielen Kirchengemeinden ein. Bereits fertig gekleidet, leitet er den sonntäglichen Gottesdienst anschließend.

Neben den vielen Buchten mit ihrem klaren und türkis-hellblauen Wasser sind wir von den Häusern fasziniert. Sie sind überwiegend pastellfarben gestrichen, rosa, orange, hellblau oder hellgrün. Allen gemeinsam ist die ungewöhnliche Form und das strahlende Weiß der Dächer, sie heißen deshalb auch „Bermuda-Dächer“, eine gelungene Kombination aus Schönheit und Zweckmäßigkeit. Die Inseln sind felsig, es gibt kein Grundwasser.und keine Brunnen. Jedes Haus verfügt deshalb über eine Zysterne und die Dächer sind so konstruiert, dass möglichst viel Regenwasser von ihnen aufgefangen und gesammelt wird.









Horatio zeigt uns seine Insel und gibt uns erläuternde Hinweise, beendet immer mit einem „you see!“ „Die weißen Korallenfelsen unter Wasser und der Sonnenschein färben das Wasser so herrlich, you see.“ „Dort drüben am anderen Ufer der Bucht liegen die Häuser der amerikanischen Millionäre. Mit 50 - 60 Millionen Doller können Sie dabei sein, you see“. Unterwegs grüßt er oft durch lässiges Heben seiner rechten Hand vorbei kommende Einheimische. „Ich kenn sie alle hier, you see“. Am Ende der Tour.heißt es dann:„Tank you, Horatio, your explanations were great“. Und dann wechseln einige Dollar den Besitzer, you see.



Auf unserem Fahrplan tauchen als nächstes Ziel die Azoren auf, mitten im Atlantik gelegen und 1500 sm entfernt. Das bedeutet vier Tage auf See, vier Tage ohne Hafen und Landausflug, hoffentlich bei sonnigem Wetter und wenig Wind. Viele der Gäste an Bord haben diese Reise nur deswegen gebucht. Sie befahren diesen Abschnitt nicht zum ersten Mal und möchten ihn genießen. Man kennt sich bereits , trifft sich in den unterschiedlichen Restaurants und Bars oder an Deck, sitzt gemütlich zusammen und erzählt oder spielt Karten.



Diese Ruhe wird jedoch einige Male gestört. Wie bereits in den vergangenen Jahren, nutzt ein vielköpfiges Fernsehteam die Monate Januar bis März für die Produktions einer neuen Folge der „Traumschiff“-Serie“. Die bekannten Hauptdarsteller sind wieder dabei und interessierte Passagieren sind als Komparsen immer gern gesehen. Ist das nicht eine gute Gelegenheit für uns, eine späte Laufbahn als Filmschauspieler zu starten? Wir melden uns bei Kivik, dem umtriebigen Koordinator, und finden uns prompt für eine feierlichen Szene eingeteilt. In einer „Nottrauung“ heiratet Doc Schröder die Filmschwester des Kapitäns. „Schiffsgeistlicher“ ist Harald Schmidt . Von der eifrigen Regieassistentin neben den Shantychor postiert, tragen wir zum Gelingen der festlichen Zeremonie kräftig bei.




Bei diesem Bild müßt Ihr ganz genau hinschauen!!!





Allerdings ist diese Szene schneller erzählt als gedreht und die volle Wahrheit ist:

Bereits morgens um 10:30 Uhr sind 33 Grad, kein Lüftchen weht, keine schattenspendende Unterstände, die vorbereitenden Arbeiten werden von der Regie immer wieder korrigiert, die Proben mit und ohne Hauptdarsteller einige Male wiederholt, die Generalprobe sitzt auf Anhieb, die Originalaufnahme wird wegen mehrerer Versprecher viermal neu begonnen. Um 12:30 Uhr ist die Szene „im Kasten“. Endlich. Denn wir sind buchstäblich zerflossen. Unsere Schauspielerambitionen auch. Das war’s dann also mit unserer Filmkarriere.

Übrigens, ein Produktionstag kostet 80.000 EUR und ergibt netto 4 Filmminuten. Der Sendetermin ist der 25.12.2010, Titel „Panama“.

Mittwoch, 24. März 2010

24.03.2010 5. Bericht Venezuela / Nordkaribik












Erika aus Südamerika

Von Trinidad sind es nur einige Seemeilen bis zum südmerikanischen Kontinent nach Venezuela, in wenigen Stunden während der Nacht geschafft. Morgens nach dem Frühstück startet unser Besuch der Hauptstadt Caracas, etwa eine Stunde Fahrt auf der modernen Autobahn vom Hafen La Guaira entfernt. Im Bus werden wir von der lokalen Reiseleiterin begrüßt mit einem fröhlichen und lauten „Ich bin Erika - aus Südamerika“. Mikrofon? Nein, das braucht sie nicht, ihre Stimme und besonders ihr häufiges Lachen füllen den Bus auch ohne Lautsprecheerunterstützung. Ihr scheint ganz Venezuela zu gehören, mindestens. Und sie verkörpert und lebt den typischen Venezulaner, ein Konglomerat aus Menschen unterschiedlichster Herkunft: Mutter - Deutsche, Vater - Indianer, Mann - Italiener. „Hier leben die schönsten Menschen der Welt. Wer ist wieder einmal Miss Universum? Eine Venezulanerin, siehst Du?“






Venezuela ist ein gebirgiges und unwegsames Land. Deshalb ziehen sich die Ortschaften und Siedlungen an den Straßen entlang. Oft sind die Häuser knallig bunt angestrichen, das wirkt sehr farbenfroh und fröhlich. Hinterher erfahren wir, dass der Staat die Farbe zur Verfügung stellt, streichen müssen die Bewohner selbst. Oft erscheint es uns, als seien die Häuser an die Felsen geklebt.



Diesen Eindruck bekommen wir auch von Caracas. Die 10-Millionen-Hauptstadt liegt in einem Talkessel 900 m über dem Meeresspiegel. Sie wächst ständig und sie wächst gleich zweimal in die Höhe, einmal durch die immer zahlreicher werdenden Hochhäuser und außerdem die Berge hinauf. Kürzlich ist eine Seilbahn eröffnet worden, die wie eine Buslinie mehrere Stadtteile mit dem Zentrum im Tal verbindet, damit ältere Bürger nicht mehr mühsam die Berge hinauf gehen müssen.

Während unserer Stadtrundfahrt halten wir nur an wenigen Orten. die historische Altstadt gehört wegen der hohen Kriminalität nicht dazu. Einer der Stopps gilt dem ehemaligen Wohnsitz des Nationalhelden Simon Bolivar, heute ein Museum mitten in der Stadt, früher eine Hazienda an den Berghängen in Kakao- und Kaffeeplantagen weit außerhalb. Ein anderer Halt gilt einer touristischen Attraktion: eine zweite Seilbahn. Sie bringt uns über 2000 m hinauf auf den Gipfel des Berges Avila. Den Blick hinunter bis ins Tal verwehren uns leider Smog, Wolken und Waldbrandrauch.



Das tägliche Leben will auch in hier gemeistert sein. Man geht es sehr pragmatisch an, oft zu sehr. Wir werden eingehend gewarnt vor der Kriminalität in der Hafenregion und in der Hauptstadt. An den Hauseingängen sind die elektronischen Sicherungsmaßnahmen und auf den Mauern die elektrischen Drähte und Glasscherben zu sehen . Selbst an den Hochhäusern sieht man bis hoch zum letzten Stockwerk vergitterte Fenster. „Es soll vorgekommen sein, dass Babys beim Krabbeln durch die offenen Fenster in den Tod gestürzt sind. Das soll verhindert werden“, lautet die Erklärung. Offiziell.



Auch der Verkehr ist „pragmatisch“, man hilft sich selbst. „Als Auto- oder Busfahrer musst du telepatische Fähigkeiten besitzen“, erklärt Erika, „damit du vorausahnen kannst, wie sich die Anderen im nächsten Moment verhalten werden“. Wir erleben das selbst, als sich in einem Stau ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn eine Gasse bahnt. „Oh, was für den gilt, gilt auch für mich,“ entscheidet unser Busfahrer schnell und schließt sich sofort an.

Der Straßenverkehr ist dicht, viele Motorräder und vor allem ältere amerikanische PKW sind zu sehen. Ist das nicht ein doppelter Widerspruch, Spritschlucker und dann noch von den ärgsten Kapitalisten? Nein, Benzin kostet dank der eigenen großen Erdölvorkommen nur 0,02 - 0,03 €/Liter - weniger als Trinkwasser - und die Versorgung mit Ersatzteilen und deren Einbau ist wesentlich einfacher als für die modernen und komplizierten europäischen bzw. japanischen Fahrzeuge. Der Motor streikt? Da braucht man keinen Adapter fuer den Diagnose-PC, man nimmt einen Schraubenschluessel und schaut selbst nach. So einfach ist das.

Hier in Venezuela spüren wir eine andere Stimmung als in den Ländern, die wir bisher erlebt haben. Liegt es an der stärkeren Präsenz von Militär und Polizei, an den schärferen Kontrollen beim Verlassen und Betreten des Schiffs - Koffer und Handgepäck der neu ankommenden Passagiere werden sogar mit Hunden untersucht - oder an den erwähnten Warnungen? Eine schlüssige Erklärung dafür kann niemand auf Anhieb bieten. Aber die Unterhaltungen unter uns Touristen kommen immer sehr schnell auf die Politik. Leider haben wir wenig Gelegenheiten mit Venezulanern zu diskutieren, nur mit unseren Reiseleitern. Dabei stellen wir unterschiedliche und zum Teil gegensetzliche Meinungen über die derzeitige Regierung fest, pro : höherer Lebensstandard als vor fünf Jahren durch niedrigere Mieten, Stromkosten und höhere Sozialleistungen, verminderte Arbeitslosenquote, contra: Günstlingswirtschaft mit Bereicherung der eigenen Familie, diktatorisches System, erhöhte Arbeitslosigkeit. Wir können das nicht beurteilen und müssen es so hinnehmen .


Aber wir lernen auch ein anderes Venezulana kennen auf der Isla Margarita. Die „Perle“ im karibischen Meer ist dem Festland vorgelagert. Sie bietet wie ihre Antillenschwestern lange, weiße Strände und darüber hinaus ausgedehnte Mangrovenwälder. Während einer Bootsfahrt lernen wir dort die artenreiche Vogelwelt kennen, die wir im Amazonasgebiet vermisst haben.



Bild 5437 Papageien





In der beginnenden Dunkelheit verlassen wir La Guaira wieder. Die an die Berghänge gebauten Häuser bilden jetzt mit ihrer Beleuchtung eine beeindruckende Kulisse. Unsere Kamera kann dieses Bild nicht einfangen, sie reicht nicht aus dafür und deshalb behalten wir die Stimmung im Gedächtnis. Sicherlich sehr lange.

„Kurs Nord, Richtung Dominikanische Republik“, hatte Kapitän Jungblut seinen Steuermann angewiesen. Der steht nicht mehr am großen Steuerrad, sondern programmiert seinen Autopiloten und kontrolliert anschließend nur noch, dass Wind und Meeresströmung das Schiff nicht vom Kurs abbringen.

Wie ehedem Cristobal Colon erreichen auch wir die zweitgrößte karibische Insel an einem Sonntag, allerdings nach weniger strapaziöser Fahrt. Er hatte als Entdecker das Recht der Namensgebung und nannte die Insel zu Ehren seines Auftraggebers Hispaniola, Klein-Spanien. Am Ort der Landung gründete er eine Siedlung und gab ihr den Namen Santo Domingo, denn es war gerade Sonntag. Das war 1492.

Nach Verlassen des Schiffes an dieser ersten nordkaribischen Station erleben wir einen Schnellkurs in spanischer Eroberungsgeschichte. Nach dem polizeilich abgesicherten Überqueren der Uferstraße leitet uns Claudio, der einheimische Führer, durch ein Tor der noch sehr gut erhaltenen Stadtmauer über eine Treppe zum ersten Museum. Es ist Christoph Kolumbus und seinem Sohn Diego gewidmet. Davor liegt ein großer, schön gestalteter Platz. An dessen linker Seite führt uns „die erste Straße Amerikas“ in die höher gelegene Altstadt. Eine schmale Fußgängerzone mündet in den für spanisch geprägte Länder so typischen placa mayor, begrenzt von Kathedrale und Regierungssitz. Den Schatten der auf ihm stehenden alten, weit ausladenden Bäume nutzen die Menschen jetzt in der Mittagspause für ihre siesta.



Für den Abend hatte uns Claudio eine Innenstadt mit viel Musik angekündigt. Enttäuscht mussten wir jedoch feststellen, dass uns Santo Domingo dann doch nicht mit fröhlicher Musik verabschiedete. Um so größer war die Überraschung bei der Ankunft in Jamaika, in Port Antonio im Norden der Insel. Die Seebrücke ragte nur wenige Meter in die Hafenbucht und die MS Deutschland machte etwa 10 m von einem gepflegten, weißen Strand fest, wie in einem Werbeprospekt mit Palmen und türkisfarbenem Wasser. Dazu begrüßten uns die Klänge einer kleiner Steelband. Einfach traumhaft. Später, kurz vor dem Ablegen erfrischte sich auch unser Kapitän noch schnell mit einem Bad direkt im Schatten seines Schiffs. Es sah fast so aus, als wäre er vor dem Ablegen noch einmal schnell um sein Schiff geschwommen, um persönlich zu kontrollieren, ob alles in Ordnung ist.


Nach den Buchten und Stränden auf den anderen Inseln interessieren uns auf Jamaika der Urwald und die mit über 2000 m höchsten Berge der Karibik, die im Osten gelegenen Blue Mountains. Für eine Wanderung müssen wir zunächst den Rio Grande überqueren, wobei Grande sich auf die hiesigen Verhältnisse bezieht. Dr Fluß ist 60 km lang.





Bambusflöße bringen uns an das andere Ufer. Früher transportierten sie Bananen, heute Touristen. Unterwegs bieten uns die Führer immer wieder heimische Früchte an, die sie direkt von den Bäumen und Büschen pflücken, z. B. Bananen und Guaven, Jamaikaäpfel, die zwar so aussehen wie unsere Äpfel, aber eine völlig andere Konsistenz haben. Kokosnüsse werden für uns mit der Machete geöffnet, damit wir mit ihrem Saft „unsere Herzen waschen können“, wie hier gesagt wird. Alles wird von unserem Gaumen gern akzeptiert. Die Blätter des „tree of life“ haben allerdings ihre Chance verpasst, unsere Lieblingsspeise zu werden. Mögen sie auch noch so gesund sein, sie schmecken einfach zu bitter.

Sonntag, 14. März 2010

10.03.2010 4. Bericht Fahrt in die Karibik




Ile Royale

Neptun war wohl doch ein wenig verärgert, dass wir sein Reich für die Amazonasfahrt ein paar Tage verlassen haben. Vormittags zeigte er sich uns zwar noch, um die Zeremonie anläßlich der Äquatortaufe persönlich zu überwachen, nachmittags jedoch schickte er seine Winde in Stärke 7 - 8. Zusammen mit dem Strom (seemännisch für Meeresströmung) aus der „falschen“ Richtung brachte er sogar ein Schiff von der Größe der MS DEUTSCHLAND merklich zum Stampfen und trotz der Stabilisatoren auch zum Rollen. Viele der Passagiere merkten das und wurden seekrank, ich auch. Dr. Englisch, ehem. Chefarzt aus Brake und jetzt der „Doc“ an Bord, klärte mich auf: „Der Gleichgewichtssinn im Ohr und die Wahrnehmungen unserer Augen stimmen nicht mehr überein, unser Gehirn kann nicht mehr entscheiden, wem es trauen soll und gibt unserem Körper keine eindeutigen Verhaltensbefehle. So kommt es zu Übelkeit, Schweißausbrüchen, Unwohlsein. Man wird blass.“ Was hilft dagegen? Medikamente einnehmen, sich eine Spritze geben lassen oder einen anderen der vielen gutgemeinten Ratschläge befolgen. Ich beginne mit dem einfachsten Mittel und lege mich in meiner Kabine auf das Bett, fühle mich in der horizontalen Lage sofort merklich besser und schlafe ein mit dem tröstlichen Gedanken, dass auch ausgemachte Seebären von dieser Krankheit heimgesucht werden, wenn sie nach langer Fahrt an Land zurückkehren. Sie werden dann allerdings landkrank.



Nach 16 Stunden weckt mich das laute Rasseln der Ankerketten. Erholt und wieder fit, erkenne ich durch das Kabinenfenster vertraute Farben, die Tricolore. Wir sind wieder in Europa, politisch gesehen, genauer in Frankreich im Departement Guayana. Wir liegen vor der Inselgruppe Îles du Salut, drei kleinen Inseln 20 km vor der Küste, in Höhe der europäischen Weltraumstation Kourou. Diese Inseln sind bis heute berüchtigt. Bis 1951 dienten sie Frankreich als Strafgefangenenlager. Berühmt wurden sie durch zwei Gefangene, Alfred Dreyfus, dessen Schicksal Émile Zola in seinem Roman „J’accuse“ beschreibt, und Henri Charrière. Dessen autobiographischer Roman „Papillon“ wurde 1973 mit Steve McQueen und Dustin Hoffmann in den Hauptrollen verfilmt und zeigt sehr eindrucksvoll den erfolgreichen Fluchtversuch trotz strenger Bewacher, starker Meeresströmungen und gefräßiger Haie.

Mit Tenderbooten setzen wir über und betreten ein gepflegtes Freilandmuseum. Den Inseln ist ihre Vergangenheit beinahe nicht mehr anzumerken.Von den ehemaligen Gefängnisgebäuden sind nur noch die Außenmauern geblieben. Riesige Papayabäume spenden auf dem Hauptplatz erfrischenden Schatten. Durch das Unterholz zieht langsam eine große Familie kleiner Affen. Sie läßt sich auch nicht durch den Touristenrummel mit Kameraklicken, Blitzlichtern oder Zurufen stören. Ein Papageienpärchen und ein Pfau scheinen sich zu langweilen und einige Agutis, meerschweinähnliche Goldhasen, streifen langsam durch das Unterholz. Heute ein fast paradiesisches Eiland.



Zwei Tage auf See bringen uns zu den kleinen Antillen, zunächst nach Barbados, anschließend nach Tobago und Trinidad. Sie bezeichnen sich selbst als W.I., Westindien, also das Indien, das angeblich erreicht wird, wenn man nach Westen fährt. Mir fällt dazu ein, dass es doch seltsam ist, wie sich einige Bezeichnungen trotz besseren Wissens über mehrere Jahrhunderte und damit scheinbar für die Ewigkeit halten. Gibt es so etwas auch auf anderen Gebieten?

Am Tag vor der Ankunft auf Barbados hat sich die Farbe des Antlantiks geändert. Am Rio de la Plata war sie grau, im Südatlantik tiefblau, im Amazonas gelb-braun. Jetzt fahren wir durch klares, petrolfarbenes Wasser. Die Gischt leuchtet türkis und grünlich-weiß. Dieses wundervolle Farbenspiel erweitert sich, je näher wir der Küste kommen. Wassertiefe, Sonneneinstrahlung und die Schatten der Wolken zaubern sämtliche Grün- und Türkisfarben hervor. Wir sind in der Karibik angekommen, zusammen mit den weißen, palmenbestandenen Stränden und den Sonnenuntergängen ist das ihr „Markenzeichen“.






Besucher aus aller Welt werden davon angelockt. Der Tourismus hat sich mittlerweile zum größten Wirtschaftsfaktor entwickelt, nachdem seit der Kolonialzeit die Produktion landwirtschaftlicher Produkte dominierte. Bananenstauden, Mango-, Papaya- und Brotfruchtbäume sind immer noch überall zu sehen und auf den lokalen Märkten werden bunte Gemüse und duftende Gewürze in Hülle und Fülle angeboten. Und das Meer liefert den Fisch dazu. Der Star unter ihnen ist zweifellos der flying fish. Er kann bis zu 20 m hoch aus dem Wasser springen und ist etwa so groß wie unser Hering, genau so beliebt und wird ähnlich vielfätig zubereitet.



Bild5003 Flyin fish



Von den landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird nicht mehr angebaut als für die heimischen Nachfrage nötig. Das gilt sogar für „das“ Produkt überhaupt, das Zuckerrohr. Für den eigenen Zuckerbedarf und die Produktion von Rum ist es ausreichend verfügbar, aber mehr nicht. Gott sei Dank ist das noch immer so viel, dass nach der Ernte ausgiebig und aufwendig gefeiert werden kann. „I’m busy with crop-over“ (ich habe jetzt wirklich keine Zeit, ich bin mitten in den Vorbereitungen für das Erntefest) wird das ganze Jahr über als Entschuldigung für fast Alles verständnisvoll akzeptiert.



Schon bald nach der Ankunft bummeln wir durch Bridgetown, die Hauptstadt von Barbados bzw. Scarborough auf Tobago. Die Amtssprache ist Englisch. Aber das gilt wohl nur für die Schriftsprache. Gesprochen wird überwiegend kreolisch, mit englischen Elementen. Und das ist nicht Oxford-Englisch. Trotzdem gibt es keine Verständigungschwierigkeiten. Die freundliche Offenheit und Leichtigkeit im Umgang miteinander beseitigt schnell alle Mißverständnisse, besonders mit Fremden und Touristen. Wir bemerken, dass noch weitere „typisch britische“ Eigenschaften den Umzug aus dem kühlen und regnerischen Nordwest-Europa hier in die sonnige und bunte Karibik überstanden haben. Gelassenheit und Toleranz spüren wir beim Überqueren der Straßen, man hält an und winkt uns freundlich hinüber. Kinder tragen Schuluniform, Geschäftsleute sind trotz der Hitze korrekt mit Anzug und Krawatte gekleidet und die Bügelfalten der Polizeiuniformen scheinen gerade erst vom Bügeleisen bearbeitet worden zu sein. Cricket ist der Sport Nr. 1. Nur die sprichwörtliche Sauberkeit englischer Städte ist unterwegs wohl verloren gegangen.



Bild0085 Uniformen



Trinidad bildet in dreierlei Hinsicht eine Ausnahme. Die Zuckerrohrfelder liegen brach oder sind abgebrannt, nicht alle, aber deutlich mehr als auf den beiden anderen Inseln. Erdöl und Erdgas unter dem Meeresboden sind die neuen Einnahmequellen, auf die gesetzt wird. Dieser wirtschaftliche Aufschwung zeigt sich im regen Autoverkehr. Und es wird viel gebaut, sowohl Wohn- als auch Geschäftshäuser.

Im Süden Trinidads befindet sich der pitch lake, mit 44 ha der größte Asphaltsee der Erde. Bei den ersten Schritten sind wir noch sehr vorsichtig, als wir ihn bei einer Führung betreten.Schließlich wollen wir nicht wie in einem Moor versinken oder uns mit dem Bitumen beschmutzen. Wir werden mutiger, als in 500 m Entfernung zwei Radlader mit dem Abbau des Naturasphalts beginnen. Unser Führer Josef bemerkt dazu, dass regelmäßig Flächen von 100 qm bis zu 1,5 m tief „geerntet“ werden. In 3 - 4 Wochen hat sich das Loch wieder geschlossen. In einer Fabrik am Ufer wird er in Fässer gefüllt und in alle Welt versandt.



Bild 5280 Radlader oder 5269 Asphaltsee

Auf ein bisschen „Indien“ in der Karibik stoßen wir dann doch noch, u.z. auch auf Trinidad. Während der Anteil der Inder an der Bevölkerung in den anderen Gebieten unter 5 % liegt, sind es hier über 40 %, 500.000 Bewohner immerhin. Nach der Sklavenbefreiung fehlten Arbeitskräfte, sie wurden aus Indien geholt. Überwiegend im südlichen Teil der Insel haben sie ihre zweite Heimat gefunden und ihre traditionellen Lebens- und Glaubensgewohnheiten beibehalten. Auf der Rückfahrt unseres Ausflugs werden wir so am Strand der Karibik Zeuge einer indischen Feuerbestattung.

14.03.2010 Santo Domingo

Jetz habe ich etwas Zeit für ein paar Erklärungen.
Wir sind in  der Dom. Republik , ich sitze im Hafenterminal im Internetcafe und habe erstmals gute Bedingungen für den Internetzugriff, 1 Tag für 5 US$.
Auf dem Schiff gibt es zwar auch Internet, aber das ist teuer (  1 Std. kostet 20 € ) die Verbindung ist schlecht und langsam und oft fällt sie aus. Weil der server gestört ist oder der Satellit angeblich nicht erreichbar. Das reicht dann nur für das Nötigste, E-Mail und so, oder Hochladen der Zeitungsberichte. Die Fotos strippe ich schon weit runter, trotzdem dauert es noch lange.. Deshalb kommen weitere Berichte auch nicht ganz so oft wie ich mir das zunächst vorgestellt habe.
Außerdem sind wir voll in den Schiffsalltag eingebaut und das ist schon fast sehr stressig. Die Ausflüge sind zwar sehr interessant, aber meist zu kurz und immer sehr straff geplant oder sehr kurz, sodass man sehr konzentriert sein muss und anschließend sich "erholen" muss.
Heute versuche ich, ein wenig nach zu arbeiten.

Übrigens habe ich ganz vergessen zu berichten, dass seit Manaus auch das ZDF an Bord ist, um eine neue Folge "Das Traumschiff" zu drehen, Thema ist Panama, geplanter Sendeetermin 25.12.2010.
Und so richtig mit Beatrice, Käpt'n und Doc. Evtl. sind wir morgen früh als Komparsen mit dabei.

Soviel zunächst für heute, ich stelle jetzt noch den 4. Bericht in den Blog und ein paar Bilder von Trinidad.
Jürgen

03.03.2010 mehr Bilder, Johann? Bitte! Neu

der erste  Versuch ging schief .
Das also ist Manaus, Schiffsterminal.


Hier bin ich Fischmarkt, ein Erlebnis:

Der VW-Pickup war innerhalb von 10 Minuten abfahrbereit:







Ein kleiner Ausflug mit Tenderbooten in einen Seitenarm des Amazonas:


... mit einem Regenschauer


Am Ende des tages dann ein Gewitter mit Sonnenuntergang:


Donnerstag, 11. März 2010

03.03. 3. Bericht Auf dem Amazonas

Unsere Fahrt auf dem Amazonas

Von Belem aus starten wir zunächst wieder in Richtung Atlantik, um nördlich von Marajo in die Amazonasmündung hineinzufahren. Marajo ist die größte Flussinsel der Erde. Sie ist größer als die Schweiz. Eine Besonderheit ist ihre berittene Polizei Sie kommt nicht mit Pferden daher, sondern mit Bullen. Wie es dazu kam? Vor knapp einem Jahrhundert ist am Strand von Marajo ein Viehtransporter beladen mit Bullen aus Südostasien gestrandet. Einige der Tiere haben sich an Land retten können und dort vermehrt. „Ja, sie sind langsamer als Pferde, haben aber viele andere Vorteile,“ erzählt uns Jose. Er war einige Zeit auf der Insel eingesetzt. „Sie sind weniger agressiv, lassen sich einfacher anleiten, sind folgsamer und ausdauernder und verweigern nicht vor tieferen Gewässern wie Pferde.“ Die Bullen kommen, auf Marajo stimmt das.

Und dann gleiten wir flußaufwärts auf dem Amazonas. Die Flussoberfläche ist ruhiger als das Meer, wir scheinen durch die Landschaft zu schweben. Die bewaldeten Ufer kommen bis auf 20 m an uns heran und weichen wieder zurück, kilometerweit manchmal. Das ist kein Regenwald. Der beginnt erst hinter Manaus, 1000 km westlich von hier. Der Amazonas hat sich sein Bett so gestaltet, wie er es für den Transport der enormen Wassermassen benötigt und nimmt dabei viele Sedimente mit. Deshalb sieht das Wasser gelb aus, hellgelb-ockerfarben, wenn die Sonne darauf scheint, dunkel-graubraun im Schatten. Trüb ist es immer

Ab und zu sehen wir Bewohner kleiner Siedlungen oder einzeln gelegener Häuser mit ihren einfachen Kanus auf uns zurudern, nur, um uns zuzuwinken. Solche großen weißen Kreuzfahrtschiffe kommen selten vorbei. Das ist dann schon eine Sensation. Und vielleicht fällt ja auch noch etwas Brauchbares herunter. Es sind nicht viele Schiffe unterwegs; ein paar Lastkähne und ein militärisches Patroullienboot zeigen sich und nur wenige der für den Amazonas typischen Holzschiffe. „Dieses Gebiet ist zu dünn besiedelt. Wenn wir uns Manaus nähern , ändert sich das“, erzählen uns Passagiere, die schon einmal dort waren.

Amazonien

Stellen Sie sich vor, Sie liegen unter Bäumen am Strand und der Sand ist weiß und fein, das Wasser klar und grün, es ist 28 Grad warm. Und dann stehen Sie auf und gehen zur Abkühlung hinein und das Wasser ist süß.


Spätestens jetzt merken Sie, dass Sie gar nicht am Meer sind, sondern an einem Nebenfluß des Amazonas. In unserem Fall ist das eine kleinen Insel im Tapajos, einem Nebenfluss des Amazonas. Zusammen mit dem ist er hier so breit, dass am Horizont gerade noch ein schmaler Streifen Wald auszumachen ist.

Auf der Fahrt auf dem Amazonas wurde an dieser Stelle ein Stopp eingelegt. Wir haben sowohl Gelegenheit für ein Bad als auch dazu, ein wenig das Leben der Menschen kennen zu lernen, die wir vorher ja nur von Weitem gesehen haben. Es sind die Indianer, die hier in ihrem angestammten Gebiet in kleinen Siedlungen traditionell vom Wasser, am Wasser, auf dem Wasser und mit dem Wasser leben, schätzungsweise 300.000 sind es heute wieder. Ihr Lebensraum ist der Amazonas mit seinem Einzugsgebiet. Verglichen mit Europa reicht es von Portugal bis zum Ural. 1000 Nebenflüsse speisen ihn, offiziell, denn alles, was schmaler ist als 50 m, wird erst gar nicht registriert.


Die Jahreszeiten sind nicht wie bei uns Frühling, Sommer, Herbst und Winter, sondern Trockenzeit und Regenzeit. Von Juli bis November scheint nur die Sonne. Danach beginnt es zu regnen, nicht ständig, aber wenn dann sehr heftig. Der Wasser steigt um 6 - 8 m, teilweise sogar bis zu 15 m. An den Uferbäumen kann man den Pegelstand ablesen.

Das wissen die Indianer und haben für den Bau ihrer Unterkünfte zwei Strategien entwickelt. Sie errichten ihre Bauten entweder als Pfahlbauten auf Stelzen. Wenn die Flut doch einmel höher steigt, stockt man einfach auf. Ein halbes Jahr später zieht man dann wieder nach unten. Oder man legt ein schwimmendes Fundament aus Baum-stämmen. Die halten 30 - 40 Jahre. Darauf wird das Haus errichtet. Das schwimmende Toilettenhäuschen, die schwimmende Hundehütte und die schwimmende Terasse folgen. Und wer etwas auf sich hält, funktioniert das altersschwache Kanu um in einen schwimmenden Kräutergarten. Möglichst direkt unter dem Küchenfenster, damit alles mit einem Griff erreichbar ist. Fensterscheiben sind unbekannt, denn wie überall in tropischen Gebieten gibt es nur zwei Temperaturen: heiß und sehr heiß, mit hoher Luftfeuchtigkeit.

Grundnahrungsmittel sind Fisch und Maniok. Im Amazonas leben etwa 1100 Fischarten, angefangen vom wohlschmeckenden Pyranha über den schönen, schwarz-weiß gemusterten Tigerwels bis hin zum größten, dem bis zu 150 kg schweren Tambaki.

Maniok gehört zum Essen wie in Asien der Reis oder bei uns die Kartoffel. Aber es ist ein aufwendiges Verfahren, bis es verzehrbereit auf dem Tisch steht. Jeder baut ein kleines Stückchen Land mit Maniokpflanzen an, manchmal kommen auch noch Mais und Zuckerrohr hinzu. Vieh ist selten zu sehen, ab und zu Hühner, manchmal Ziegen und wer eine Kuh sein eigen nennt, kann stolz sein und ist reich.

Fett und Vitamine liefert der Wald, Palmen und Paranussbäume zum Beispiel und viele Früchte. Einige davon kenne ich, wie Mangos, Limonen, Papayas, Bananen, aber auch Kaffee, Kakao, Kalebassen, Brotfrucht. Alle Fruchtsorten kann ich nicht aufzählen, ihre Namen sind mir zu fremd, aber sie bzw. ihr Saft schmecken sehr gut.




Enttäuscht sind wir, dass nur wenige Tiere zu sehen sind, kleinere Vögel zumeist. Aber wo sind die anderen, die winzigen Kolibris, die bunten Papageien oder die Tukane mit ihrem farbigen Riesenschnabel? Oder die Ameisenbären, Faultiere, Affen und Schlangen? „Ganz einfach“, erklärt uns Dr. Wagner bei einer Führung, „der Wald, ihr Rückzugsgebiet, ist schlicht zu groß. Sie sind scheu, ziehen sich schnell dorthin zurück und können sich ausgezeichnet tarnen. Viele leben auch in den Baumwipfeln in 40, 50 m Höhe. Auf diese Entfernung entdeckt man sie nicht mehr.“


Manaus



Die Hauptstadt der Provinz Amazonien ist der Endpunkt unserer Amazonasfahrt. Sie hat trotz ihrer fast 2 Mio Einwohner nur vereinzelt Hochhäuser. Das reicht nicht für eine beeindruckende Skyline. Aber wir verzichten gern auf diesen Anblick, den wir von anderen Großstätdten kennen. Wir erfreuen uns lieber an dem Blick auf die recreos und das bunte Leben und Treiben darum herum. Das ist ÖPNV auf amazonisch. Recreos sind die für den Amazonas typischen zweistöckingen, bauchig-ovalen Schiffe. Sie liegen wie Perlen aufgereiht an den schwimmenden Anlegern oder steuern gerade auf diese zu. Traditionell sind sie aus Holz gebaut und überwiegend weiß-hellblau, aber auch weiß-rot oder weiß-grün angestrichen. Sie übernehmen in diesem riesigen Gebiet ohne Straßen und Schienen den Transport von Menschen und Gütern. Allerdings ohne Sitzplätze. Dafür bringt jeder die eigene Hängematte mit für die bis zu 15-tägige Touren und erscheint gern ein bißchen früher, um den besten der nach Geschlechtern getrennten Plätze zu ergattern..






Das Wetter meint es auch sehr gut mit uns, es sind mollige 30 Grad und regnet nicht. Sogar das Wasser ist klar und schimmert uns im Sonnenlicht nicht mehr lehmfarben entgegen, sondern blau, fast wie der Atlantik. Aber das liegt daran, dass wir morgens um 6:00 Uhr, als ich noch schlief, den Amazonas verlassen haben. Die letzten 11 km bis Manaus sind wir auf dem Rio Negro gefahren. Sein Wasser ist relativ klar und humusig-braun. Man nennt es Schwarzwasser. Der Rio Negro ist einer der beiden Quellflüsse des Amazonas. Den Amazonas hatten wir bisher anders erlebt, gelb und trüb. Diese Farbe hat er von seinem anderen Quellfluss, dem aus den peruanischen Anden kommenden Solimoes, der viel gelösten Schlamm und Schwebstoffen mitbringt. Sein Wasser heißt Weißwasser.



Mit einem Ausflugsboot fahren wir zu der Stelle, an der der Amazanos brasilianisch-offiziell beginnt. Dort erleben wir ein einmaliges Naturereignis. Nur hier im Amazonasgebiet kann man beobachten, wie das Wasser zweier Ströme bis zu 15 km in einem Flußbett nebeneinander her fließt, ohne sich zu vermischen. Es ist das berühmte encontros das aguas und hat seine Ursache in der unterschiedlichen Temperatur, Zusammensetzung und Fließgeschwindigkeit der beiden Flüsse.





Das beeindruckendste Gebäude von Manaus ist das Teatro Amazonas, die elegante Oper. Eröffnet wurde sie 1896, quasi mitten im Urwald. Es war die Zeit des Kautschukbooms mit seinem unermesslichen Reichtum für die Plantagenbesitzer. (Noch heute wird erzählt, dass die Wäsche damals nach Lissabon geschickt wurde, hier in dem dreckigen Wasser könne sie ja nicht sauber werden.) Wie auch in Belem endete der Reichttum abrupt mit dem Ende des Kautschuk-Monopols. Das teatro wurde inzwischen renoviert und steht wieder im Mittelpunkt der Opernwelt Brasiliens.



Während unserer Besichtigung probte gerade das Orchester und wir wurden Zeugen einer kleinen Sensation: zu unserer Gruppe gehörten auch Annette Linke, Sopran, und Diane Blais, Mezzosopran. Sie treten gemeinsam als „LeDuo“auf und bieten Klassik und Komik-Vorstellungen an, u.a. auf der MS Deutschland. Spontan fragte Frau Linke den Dirigenten, ob sie auf dieser Bühne ein Stück vortragen dürften. Der Maestro war sofort einverstanden und so kam es, dass zum ersten Mal seit 20 Jahren deutsche Künstler im teatro amazonas auftraten. Wir hörten „Das Blumenduett“ aus der Oper Lahmé von Leo Delibeg, begleitet von Thomas Müller am Klavier. Welch eine Akustik! Welch ein Erlebnis!